Home / Gelesene Bücher / 01.12.2003 - 29.12.2004
Hier findet sich ein kleines Tagebuch über von mir gelesene Bücher.In Band 10 der Heftserie Maddrax "Götter und Barbaren", den Jo Zybell ebenfalls schrieb, lernten wir Eve
Carlyle kennen. Sie ist die Schlüsselfigur, die Matt nicht nur erklärt, dass er in einer sehr weiten
Zukunft wandelt, durch sie erfährt er auch von den Resten der einstigen Zivilisation. Diese Begegnung ist der
erste Schritt für den weiten Weg von Aruula und Matt über London, Washington bis hin zum Kratersee. Ohne diese
Frau, hätte es den erfolgreichsten Serienplot nicht gegeben, also Grund genug, ihr einen Extra-Roman zu
gönnen.
Als Leser der Serie steht man zu Beginn vor dem Problem, ob man tatsächlich mehr über die Vorgeschichte
Eve Carlyles erfahren will, kennt man ja ihr Ende. Zybell geht dieses Problem knallhart an. Er beginnt mit dem
bekannten Ende, stellt damit Neuleser und Fans auf die gleiche Wissensstufe und fährt nach der dichten Action
mit einer romantischen Liebesszene fort. Und ganz nebenbei breitet er das Innenleben der Communities London und
Salisbury vor uns aus. Man merkt, mit welcher Freude er über all jene Kleinigkeiten des Alltags schreibt, die in
einem Heftroman zuviel Platz einnähmen, aber hier zum wohldosierten Gewürz werden. In Verbindung mit den
Berichten aus den Zeiten des Kometeneinschlags und den Anfängen der beiden Communities ergibt sich ein sehr
dichtes Bild vom Leben der britischen Bunkerzivilisationen. Zybell hantiert mit den verschiedenen Zustandsformen der
Zivilisationszerstörung, so dass es in jeder Hinsicht nachvollziehbar bleibt. Die persönlichen Probleme
und Enttäuschungen von Johanna Carlyle, spiegeln dabei auch immer die Konflikte ihrer Nachfahrin wider. Dieses
zeitlich verwobene Spiel der Handlungen birgt einen sehr großen Reiz. Dabei geht Zybell mit den Figuren so streng
um, wie die Zeit wild ist. So erreichen einige Szenen Beklemmung beim Lesen und lösen ein Erstaunen aus, dass
der Roman in solch mitreißender Sprache geschrieben ist.
Jo Zybell beweißt erneut seine große Fähigkeit, einen eindringlichen Abenteuerroman zu schreiben, dessen
Figuren lebendig sind und in ihren Taten einfühlsam beschrieben werden.
Der Umschlag ist im gewohnten Look der Hardcover Reihe gehalten und wirkt besonderes durch das exzellente Titelbild
sehr edel.
Das Cover von Kovacs ist düster, aber voller Dramatik. Den nachtdunklen Grün- und Blautöne wohnt
dennoch ein Leuchten inne. Ein eindrucksvolles Cover.
Unabhängig vom Serienhintergrund ist dieses Buch eine erstklassige Lektüre!
Ein Raumschiff das Bommel heißt, dessen Besatzung sich die Bommelanten nennt und auf der
Milchstraße unterwegs ist, das Exil der Marsmenschen zu finden - ganz klar, dieser Roman hat es in
sich. In ganz besonderem Maße aber Heiterkeit.
Pilot Schimansky startet in das Unternehmen mit einem Stullenpaket unter dem einen und den
Filzpantoffeln unter dem anderen Arm. Sein Freund Piccolomini fasst die Situation vor dem Start
zusammen:
"Ich hatte von Anfang an das Gefühl, daß man sich höhern Orts nicht viel von dieser
Expedition verspricht. Daß man uns aber die alte Bommel gibt, ist gerade zu bedenklich."
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Wenn nicht die Hoffnung der Welt in der Expedition liegt, kann man die Sache auch ruhig angehen. Mit
von der Party sind weiterhin Expeditionsleiter Professor Hedderich, natürlich verschusselt,
Bierbauchträger Weynreich und der schweigsam haarlose Rinstone, um den sich bald das Geheimnis der
Reise entwickelt, war er doch schon einmal am Zielort, der Corinna.
Zunächst aber führt sie ihre Suche nach den verschwundenen Marsmenschen in einen Kampf mit
Robotern, in die Arme von Menschenfressern, in den Fokus von Vogelmenschen, in das Reich
trübsinniger Wasserbewohner und zu den bequemen Schwätzern von Bilbomane, wie Corinna dort
heißt.
Marsmenschen gab es jedoch keine.
Dennoch strotzt eine jede Begegnung vor Ironie, oder besser beschwingter Heiterkeit, wie das
Geheimrezept des Lebens am Ende des Buches definiert wird.
Dabei gibt sich dieser 1968 erschienene Roman erfreulich unpropagandistisch. Was im Verlagswesen der
DDR nicht ganz einfach war, wurde doch der Sieg des Kommunismus für eine Zukunft vorausgesetzt,
genauso wie eine führende Rolle der Sowjetunion und ihrer Menschen. "Die Reise zum Stern der
Beschwingten" entwirft nur im Hintergrund eine Gesellschaft, recht substanzlos und eher in den
ironischen Spiegelungen, wie etwa der bereits zitierten Äußerung von Piccolominis. Gerade mal
beim einzigen, in einer Klassengesellschaft lebenden Volk, den Wassermenschen von Aquavox, kann man
Gesellschaftskritik wahrnehmen, aber auch eine Vision von DDR-Neubaugebieten lesen:
"Siebenscharffs Erklärung machte den Bommelanten die Stadt keineswegs anheimelnder. Sie wurden
im Gegenteil von deren Rechtwinkligkeit und unmenschlicher Ödnis bis zur Übelkeit gereizt.
Vor allem war es die unnatürliche Kahlheit, die sie bedrückte und zugleich ihren Widerwillen
erregte."
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Der Unmut der Bevölkerung äußert sich in einer illegalen politischen Versammlung, die die
Bommelanten belauschen. Ein Agitator lässt die Konspiration mit einer grandiosen Rede platzen:
"Meine Herren Klassenkämpfer! Wir wollen die Kapitalisten stürzen. Worauf warten wir noch?
Der Feind ist bekannt, schlagt ihn wo ihr ihn trefft! Gebt ihm Ohrfeigen von gewaltiger Klebkraft.
Benutzt dazu KULLERMANNS ALLESKLEBER und der Sieg wird unser sein. Die Weltrevolution ist
eröffnet!"
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Zwar zieht hier ein kapitalistischer Staatsdiener die revolutionären Bemühungen ins
Lächerliche und bleibt somit handlungsformal für den DDR-Leser der Bösewicht. Aber ohne
Zweifel wird er sich noch recht oft an den Alleskleber erinnert haben, wenn er ähnliche Phrasen
in den DDR-Medien vernahm.
In einen Interview
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klärte Branstner dann auch über die "Kapitalisten" auf. Im Originalmanuskript hießen sie
nämlich noch Kapitalonen. In der beim Trafo Verlag Berlin erschienen Werkausgabe korrigierte er
dies, wie er betonte die einzige Änderung. Nun heißen die Kapitalisten wieder Kapitalonen. Eine
kleine Abweichung von den ersten 9 Auflagen gibt es aber dennoch: Der Titel ist neu und das
erklärte er so:
Ein Bekannter sah ihn bummeln gehen und rief quer über die Friedrichstraße:
"Gerhard, wann gehen die Bommelanten wieder auf die Reise?"
Und da wusste er, das der alte Titel, der ihm immer schon zu lang war, nun Die Bommelanten
lauten musste.
Selbst also in diesem eher pädagogischen Kapitel verschließt sich Branstner einer offiziellen
Richtung und geht allein seiner Nase lang.
Eine Einordnung des Werkes in die DDR-Science-Fiction findet sich in Angela und Karlheinz
Steinmüllers "Vorgriff auf das Lichte Morgen":
"Der sich abzeichnende Bruch zum Raumfahrtroman wird noch deutlicher mit Gerhard Branstners Die
Reise zum Stern der Beschwingten (1968). Nach über einem Jahrzehnt prognostischen Ernstes
wird der heldenhafte Weg in All von Branstner humoristisch auf die Schippe genommen."
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Im eigentlichen Sinne ist Branstners Roman eine Space Opera. Sie funktioniert ohne besondere
technische Finessen oder physikalische Erklärungen.
Doch Branstner, kein Freund der Untertreibung, widerspricht vehement der Behauptung, er schriebe keine
Stories um Wissenschaft und Technik.
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Er beginnt seinen Beweis mit einer Anekdote:
Als er mit Günter Krupkat, einem Vertreter der Hard-SF in der DDR, bei einer Veranstaltung war,
behauptete Krupkat:
"Du verstehst doch nichts von Technik!"
Worauf Branstner konterte:
"Nur weil Du nichts davon verstehst, verstehst Du nicht, dass ich etwas davon verstehe!"
Gerade in Die Reise zum Stern der Beschwingten sei eine Unmenge technischen Wissens
eingeflossen. Allein schon die Form einer Kugel mit drei Schalen für das Raumschiff Bommel
habe er, als größter Physiker, gewählt, weil die Kugelform die physikalisch sinnvollste und
eine perfekte Wahl sei.
Dennoch ist wohl allein die Heiterkeit der Brennstoff, der
die Bommel durchs All schubst; vielleicht die wichtigste Erklärung, warum der Roman zeitlos ist
und seine Leser auch 36 Jahre nach seinem Erscheinen noch zum Lachen bringt.
"Die Beschwingten nehmen nämlich nichts ernst und nichts heiter zugleich, gleichgültig,
ob es sich um eine heitere oder ernste Angelegenheit handelt.
...
Gerade durch dieses heitere Spiel, welches den Ernst verstellt, wird aber die Wirklichkeit nur um so
treffender bezeichnet."
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Mit Recht kann man resümieren: Gerhard Branstner hat die größte Bommel.
1 Branstner, Gerhard. Die Reise zum Stern der Beschwingten. Hirnstorff Verlag Rostock, 9 Auflage 1990, S. 6
2 Branstner: Reise, a.a.O. S. 123
3 Branstner: Reise, a.a.O. S. 125
4 Das Interview führte ich mit Gerhard Branstner am 13.01.2005 bei ihm zu Hause.
5 Steinmüller, Angela und Karlheinz: Vorgriff auf das Lichte Morgen. Studien zur DDR-Science-Fiction. EDFC 1995, S.24f
6 Steinmüller: Morgen, a.a.O. S. 51
7 Branstner: Reise, a.a.O. S. 184f
Kennen Sie Tribbles?
Dann wird es Sie freuen zu hören, dass es tatsächlich literarische Vorbilder für die Wollknäuel
gibt.
Bereits 1947 schuf Heinlein in seiner amüsanten Familien Space Opera kleine, glücklich machende Tiere, die
einer unkontrollierten Fortpflanzung anheim fallen.
Zwar ist die Episode mit den marsianischen Flachkatzen nur eine von vielen, aber nicht minder witzig.
Trotz der eindeutig veralteten Technik, geht von Heinleins Roman eine große Faszination aus.
Hier lebt der Ingenieursgeist der Nachkriegsjahre, eine Gewissheit mit ein paar Ventilen und Atomkraft alles
unternehmen zu können. Die Stones, eine toughe Familie, lebt auf dem Mond. Die Zwillinge Castor und Pollux sind
fidele Bastler, die mit der Idee in die Familie stürmen, mittels eines aufgemöbelten Raumschiffs vom
Schrottplatz in den Weltraumhandel einzusteigen. Familienoberhaupt Roger Stone ändert den Plan kurzentschlossen
in eine Vergnügungsreise zum Mars und die ganze Familie reist mit. Das Raumschiff Moostöter durcheilt
daraufhin unser Planetensystem.
Fernab großer Visionen vom Universum und dem ganzen Rest, bäckt Heinlein für heutige Verhältnisse
kleine Brötchen. So dauert eine Reise vom Mond zum Mars mehrere Monate, sind exakte astronautische Berechnungen
und Kurskorrekturen stets von Nöten, muss man sich um ausreichende Stützmassen und jedes Gramm Gewicht
Gedanken machen und trägt man überall Raumanzüge.
Physikalisch korrekt und den Möglichkeiten der Gegenwart weitaus angepasster, als gängige moderne Werke,
lassen jene diesen Roman wie ein Fossil der Science Fiction erscheinen. Dabei ist die Zukunft, die Heinlein malt,
gar nicht so unrealistisch. Es gibt zwar keine Computer bei ihm, aber was Geschwindigkeiten und
Reisemöglichkeiten betrifft, sind Heinleins Grundlagen wohl logischer als andere Konzepte.
Aber die technische Seite ist nicht annähernd so beeindruckend, wie die wunderbare Situationskomik, die
wirklich jede Szene ausfüllt und dem Leser ein Dauergrinsen ins Gesicht schreibt. Die Art und Weise, wie die
Mitglieder der Familie Stone miteinander umgehen, lockere Bemerkungen mit trockenem Humor würzen, ist ein
großes Vergnügen.
Allein die beständige Fortschreibung der Handlung einer SF-Serie für das Erdfernsehen, an deren Entstehen die
gesamte Familie beteiligt ist, wird zum unerschöpflichen Quell skurriler Einfälle. Gleichzeitig ist es ein
kleines Fenster in eine Zeit, da Serien wie Flash Gordon Millionen begeisterten.
Luna, Mars und Halleluja-Knoten, sind Gebiete am Rande der Zivilisation. Großmutter Hazel trägt nicht umsonst
beständig eine Pistole mit sich herum, auch wenn sie Hustenbonbons enthält. Ein Hauch Western-Romantik
weht durch die Seiten, sind Taten gefordert, nicht große Reden. Solidarität und unkomplizierte Lösungen
fernab strenger Regeln und Gesetze und die Familie im Zentrum der Sorgen und Wünsche der Figuren lassen die
guten alten Zeiten wieder lebendig werden.
Der Roman erzählt nicht von den ganz großen Themen, aber er ist allerbeste Unterhaltung.
Im Original heißt das Werk übrigens "The Rolling Stones".
Xanth ist ein Land irgendwo am Rande der Realität. Hier gibt es Magie und damit auch alle nur
möglichen magischen Lebewesen, von Zentauren bis hin zu Drachen.
Die Menschen, die hier leben, verfügen jeder jeweils über ein magisches Talent. Einer kann bunte Punkte
auf einer Wand erscheinen lassen, ein anderer kann alles verwandeln. So unterschiedlich die Talente sind, so sind
sie auch mehr oder weniger nützlich.
Ganz schlecht allerdings ist es, gar keine Magie zu besitzen, denn dann wird man im Alter von 25 Jahren aus Xanth
verbannt.
Genau dieses Schicksal droht Bink. Weil er nun aber ein schönes Mädchen zur Freundin hat und schon recht
gern mit ihr in Xanth leben will, macht er sich auf, den guten Zauberer Humfrey zu befragen, über welches
Zauber-Talent er denn nun verfüge.
So beginnt eine amüsante Reise durch ein durch und durch magisches Land, in dem jede Pflanze, jedes Tier, ja
selbst jeder Berg ebenfalls über eine Magie herrscht.
Ein Wald der nicht betreten werden will, verbirgt alle Wege in ihn hinein. Die Blume, die sich nicht pflücken
lassen möchte, verschießt giftige Stacheln und ein hungriger Baum versetzt Reisende in seinem Schatten in
ewigen Schlaf, um ihn langsam zu verdauen.
Da kann ein kleiner Marsch schnell lebensgefährlich werden. Doch Bink schlägt sich durch und lernt eine
Menge Leute kennen. Natürlich spielen besonders Frauen eine große Rolle. Neben der mächtigen
Illusions-Zauberin Iris begegnet ihm auch noch das Chamäleon. Diese junge Frau leidet unter einer seltsamen
Phasenverwandlung. Von einer dummen aber bildhübschen Sexbombe wandelt sie sich innerhalb eines Monats zur
hässlichen Intelligenzbestie. Bink erkennt erst später, welche drei Frauen da zu einer zusammengehören.
Und nichts ist leichter, als die Qual der Damen-Wahl.
Inzwischen flog er doch aus Xanth raus, denn Humfrey vermochte nicht zu sagen, welches Talent in dem Burschen
steckt, nur dass er überhaupt eines hat. Das reicht dem König aber nicht aus.
Kaum im magielosen Mundania angekommen, fällt er dem ebenfalls exilierten bösen Zauberer Trent in die
Hände, der an einer Invasion Xanths bastelt um den alten Sturmkönig zu ersetzen.
Wie das Ganze letztendlich in einer Königswahl und Doppelhochzeit endet, erfährt der Leser in kurzweiligen
Stunden des Lesens, die keine Minute an Spannung verlieren.
Der Humor Piers Anthonys ist nicht laut. Er verbirgt sich meist im Hintergrund, in den Requisiten der Geschichte.
So werden schon einmal explodierende Kirschen als Kirschbomben benutzt oder Harpyien liebestoll.
Auch die Figurenkonstellation nimmt sich selbst auf die Schippe. Der gute Zauberer ist gar nicht so gut, ist der
böse Zauberer nicht so böse und auch der Sturmkönig stürmt nicht sehr.
Selbst wenn wichtige Themen des Landes diskutiert werden, erhält man zum Schluss die Erkenntnis, dass etwas
Skurriles dahintersteckt. So wird die Existenz von Zentauren recht eindeutig einer amourösen Verbindung
zwischen Reiter und Reittier zugeordnet.
Dadurch gewinnt das magische Land Xanth nicht nur liebenswerte Züge, sondern auch eine sehr farbenfrohe
Anziehungskraft.
Piers Anthony tröpfelte in die Fantasy-Geschichte auch Politik hinein, denn so eine Königswahl hat ihre
Tücken gerade dann, wenn alle verfügbaren Kandidaten eigentlich gar nicht zur Verfügung stehen, da
sie entweder Verbrecher oder unfähig sind. Man kann dem gebürtigen Britten unterstellen, hier einen
satirischen Blick auf seine Heimat Amerika geworfen zu haben.
Xanth ist der Beginn eines Riesenerfolges für Piers Anthony. Seit dem Animationsfilm Shrek ist die Bedeutung
dieser Fantasy-Serie für die USA aber sehr offensichtlich, schade, dass deutsche Verlage sich scheuen, die
aktuellen Bände der Reihe in Deutsch herauszugeben.
Den Großteil der Serie hat Ralph Tegtmeier für Bastei/Lübbe übersetzt. Mit seinen erfreulich kreativen
Eindeutschungen eigentlich unübersetzbarer Wortspiele, von denen es in keinem Buch Piers Anthonys mangelt,
erwarb er sich einen sehr guten Ruf bei den Lesern.
Xanth ist keine normale Fantasy. Im unnormalen aber, da ist es das größte magische Land, dass wir besuchen
können und dass sollten wir auch schnell wieder tun.
1970 erfand John H. Conway ein mathematisches Spiel, mit dessen Hilfe man Leben simulieren kann. Dabei bestimmen
drei einfache Regeln das Überleben, das Sterben und das Auftreten von Mustern. Von einer Grundsituation aus
können sich diese Muster über viele Spielzüge hinweg verändern oder in regelmäßigen
Abständen zum Ursprungskonstrukt zurückkehren, dabei ist nicht vorherzusehen, wohin sich die Muster
entwickeln oder ob sie überhaupt lebensfähig sind.
1976, 6 Jahre nach "Orn", erscheint "Ox" als letzter Band der Manta-Trilogie und Piers Anthony hat sich inzwischen
ausführlich mit dem Leben und seinen Mustern beschäftigt. So ist "Ox" das komplexeste der drei
Bücher geworden.
Es entfernt sich weit von der ursprünglichen Dreiteilung in Pflanzen-, Fleisch- und Allesfresser oder den drei
Königreichen, Pflanzen- Tier- und Pilzreich. Zwar hat Piers Anthony das Konzept von Parallelwelten in "Orn"
schon benutzt, hier aber verbindet er es mit einem weiteren mathematischen Phänomen, dem Hexehexaflexagon zu
einer Gesamtheit an Realitäten, die er Alterkeit nennt. Zwei neue Lebensformen tauchen auf und erweisen sich
als durchdringendes Element dieser Alterkeit. Auf der einen Seite die lebenden Muster, vertreten durch Ox. Auf der
anderen die intelligenten Maschinen mit Mech. Dabei kommt es nicht nur zu einer Verbindung der ursprünglichen
Figurengruppe Veg, Cal und Aquilon, sondern auch zu einer Allianz der hypothetischen Leben, den Nachkommen. Bab,
Ornet und Dec sind es, die die Kontakt zu Mech und Ox herstellen und die Vereinbarung schließen, einen Pakt für
alle Lebensformen in allen Realitäten. Piers Anthony verwendet dabei den Vorgängerband, um geschickt
alternative Realitäten in die bereits veröffentlichte Handlung einzuarbeiten. Der Weg durch die Struktur,
ein festes Muster, ein spezielles Hexehexaflexagon, hinter dessen Vorhandensein ausgerechnet der Muskel kommt,
nämlich Veg, erscheint wie ein überkomplexes System von Möglichkeiten und Tendenzen. Je mehr
Möglichkeiten sich ergeben, umso unmöglicher wird es, eine Lösung daraus zu finden. Erst die Summe
der fünf verschiedenen Intellekte, der Manta mit dem Sinn für Kommunikation, der Vogel als Speicher der
Erinnerungen, der Mensch mit seiner Emotionalität, das Muster mit der Durchdringung aller Ebenen und die
Maschine mit der rationalen Koordinationsfähigkeit, sie ergeben die Antwort auf das Chaos. Jedes Teil ist
intelligent und hochlebensfähig, aber erst im Zusammenschluss bewirken sie das Überleben aller.
"Ox" ist kein beliebiger SF-Roman mit geradliniger Handlung. Er fordert neben einem gewissen mathematischen
Verständnis auch eine intellektuelle Bemühung. Die menschliche Gesellschaft, von der Piers Anthony
berichtet, befindet sich nicht in einem moralischen Idealzustand. Dennoch ist "Ox" keine Distopie. Der Mensch ist
für Piers Anthony nun nicht mehr nur der brutale Omnivor, er wurde mehr. Vom ersten Band bis zum Finale scheint
sich auch in der Weltanschauung des Autors etwas getan zu haben. Selbst die menschlichen Agenten mit ihren
Superkräften beginnen daran zu scheitern, zu wenig Mensch zu sein, wird es für die Agentin Tamme
überlebenswichtig, zu sich selbst zurückzufinden. Das dient natürlich auch dazu, die besondere
Stellung des Menschen innerhalb der fünf Spezies darzustellen, stellt die Liebe und ihre emotionale Kraft doch
eine wesentliche Stärke da.
Der Roman funktioniert als Einzelroman nur bedingt. Die Entwicklung zwischen den verschiedenen Teilen ist ein
wesentlicher Schlüssel zum Verständnis der Handlungsweisen der Akteure. Zwar bindet Piers Anthony die
Schlüsselszenen aus "Orn" ein, dennoch liegt gerade in der intensiven Beschreibung der Dinosaurier-Enklave die
Tiefe, die es erklärt, warum das Schicksal Paläos die Verbindung der fünf Rassen überhaupt erst
möglich macht.
Hier wird Bab gezeugt und Ornet durch einen Mensch gerettet. Dass Piers Anthony in "Ox" die Geschichte dupliziert
und nun einen Vogel den Säugling retten lässt, macht die Wichtigkeit nur noch deutlicher.
Selbst der ferne schmale Eröffnungsband "Omnivor" gewinnt im Rückblick einige Bedeutung mehr. In seiner
grundlegenden Darstellung der Erdgesellschaft liefert er das Gerüst für das moralische Verbessern dieser
Gesellschaft in "Ox". Das Agentenprogramm wird durch ihre Kapitalgeber eingestellt, nachdem sie ihr
Bedrohungspotential erkannt haben. Damit beweist Piers Anthony einen hohen Grad an Idealismus, der ein starker
Kontrast zum Zynismus des ersten Bandes ist.
Der Titel "Die Macht der Mantas" für die Trilogie ist irreführend. Die Mantas sind nur ein Aspekt, zwar
ein faszinierender, aber nicht der wichtigste. Wahrscheinlich würde jeder Titel ein Gefühl von
Ungleichheit aufkommen lassen.
Omnivor, Orn und Ox sind drei sehr gute Science Fiction Romane. Sie zwingen zum Denken und das mit Phantasie.
Die Last der Kultur ist überall groß und teuer. Besonders wenn man beständig gezwungen ist, immer
größere Pyramiden für verstorbene Herrscher zu errichten. Wenn das Objekt der Herrschaft zudem ein winziges
Reich, mit fast Nulleinkommen ist, kann es schon passieren, dass sich der Thronfolger aufmacht, um einen
anständigen Beruf zu erlernen, der Geld in die leere Schatzkammer spülen könnte.
Pteppic, Pharao in Wartestellung, will Assassine werden. Wo anders als in Ankh-Morpok kann ein junger Mann eine
ordentliche Ausbildung erhalten? So lässt sich Teppic also im Berufsbildungsinstitut der Assassinengilde
ausbilden und überlebt sogar die Abschlussprüfung. Im Gegensatz zu seinem Vater, der just an jenem Tag das
Fliegen lernt. Und das Sterben. Aber nur fast. Immerhin ist er ein Pharao und hat somit das Privileg unsterblich und
bei seiner eigenen Mumifizierung dabei zu sein. Dabei ist es besonders interessant festzustellen, dass der zu
Lebzeiten umnebelte Verstand das Meer der Klarheit zu durchschiffen beginnt, wenn man erst einmal nicht mehr ganz
lebendig ist.
Neuer Pharao von Djelibeyby ist nun Teppic, der aus Ankh-Morpok zurückkehrt und erbarmungslos in das Herrschen
eingeführt wird, was im alten Königreich vor allem bedeutet, Präsenz zu wahren, denn Dios, der
oberste Priester und Premierminister, erklärt recht deutlich, wer Vorschläge macht und wer ihnen
zuzustimmen hat.
So wird es also nichts mit der Abschaffung des Pyramidenbauens - im Gegenteil, die größte aller Pyramiden wird
geplant, errichtet und natürlich nicht bezahlt.
Da Pyramiden auf der Scheibenwelt eine magische Beziehung zu Raum und Zeit besitzen, erweist es sich als nicht ganz
klug, ein Monsterexemplar zu bauen, was dazu führt, dass der Pharao auf dem größten Mathematiker der
Scheibenwelt flieht, weiblichen Reizen ausgesetzt wird und alle Götter und Mumien des Alten Königreiches
aktiv werden.
"Pyramiden" hat bisher keine Fortführung im Scheibenweltuniversum gefunden. Als Leser erkennt man auch schnell
warum. Pratchett parodiert zwar gekonnt ägyptische Kultur und treibt seine Späße mit der Philosophie,
seine Figuren gewinnen aber nicht jene Persönlichkeit, die Oma Wetterwachs, Karotte oder Rincewind in ihren
Debüts erreichen.
Lesenswert sind die Assassinenabschlussprüfung und das an Troja angelegte Kriegstreiben der beiden
Nachbarstaaten von Djelibeyby. Für Fans ist natürlich das gesamte Buch ein Muss, ansonsten bietet das
Scheibenweltwerk wesentlich schönere Seiten als die hier dargebotene.
Piper wühlt im Heyne-Nachlass und ist mit der Scheibenwelt sicherlich auf der erfolgreichen Seite. Das
Titelbild von Josh Kirby wird aber auch bei Pyramiden in schmerzlicher Weise verstümmelt und auch die
Übersetzungsfehler von Andreas Brandhorst sind immer noch die alten: Maurerkellen zu Handtüchern!
"Pyramiden" sind nur sehr bedingt eine Empfehlung und wie bei den anderen Piper-Ausgaben gilt auch hier, dass man
sich eher nach den Heyne oder Goldmann Ausgaben umschauen sollte, da dort wenigstens das geniale Titelbild in
voller Pracht bewundert werden kann.
Die Pilze bilden das Dritte Königreich in Piers Anthonys Macht der Manta Reihe. Die Mantas sind die
Karnivoren unter den Fungiden. Orn ist ebenfalls ein reiner Fleischesser und ebenfalls intelligent, er ist ein Vogel
- ein Ornisapiens. Auf ihrer Suche nach Lebensraum stoßen Veg, Aquilon und Cal also erneut auf intelligente Wesen.
Diese Suche ist allerdings keine Mission mehr wie in Omnivor. Schon bald erkennen die Menschen, dass sie ins
Paläozän der Erde verfrachtet wurden und diesmal die Versuchskaninchen für eine Besiedlung darstellen. An
der Art und Weise, wie Piers Anthony das Problem löst, erkennt man, dass es ihm nicht darum ging, eine
wirkliche Bedrohung durch Viren oder Bakterien darzustellen. Diese erst spät gewonnene Erkenntnis, inzwischen
nur noch Spielball in einer militärischen Angelegenheit zu sein, mag für die Gruppenbindung wichtig sein,
die Hauptkonflikte dieses Buches liegen aber woanders.
Langsam nähert sich Piers Anthony nämlich der Frage, inwieweit es tatsächlich vertretbar ist,
Arterhaltung zu Lasten anderer Arten zu betreiben. Der im Vegetarismus innewohnende Gewaltverzicht wird hier noch
weiter geführt. Der urzeitliche Planet, der letztlich doch nicht die Erde, sondern eine Parallelwelt ist, wird
für Mantas und Menschen interessant. Cal glaubt zwar, durch eine Freisetzung der Sporen zweier Mantas und die
damit verbundene Gefährdung etwaiger menschlicher Kolonisten, eine Besiedlung durch die Erde verhindern zu
können, aber eine Rettung von Paläo ist beides nicht. Piers Anthony glaubt an die Macht der Einzelperson.
Hier vermögen es vier Mantas und drei Menschen, eine Entwicklung in Gang zu setzen, die das Leben dreier
Planeten verändern wird.
Zwischen Mantas und Menschen stehen die Zeichen auf Krieg, denn plötzlich beanspruchen beide denselben
Lebensraum. Cal steht für den Tod und seine Entscheidung führt zu einer gewaltigen Vernichtungsaktion, noch
überwältigender, als im Vorband. Dort wurden Menschenleben geopfert, um die Sporen eines Mantas zu
vernichten, der eine ungeahnte Bedrohung für das menschliche Leben auf der Erde hätte werden können.
Auf Paläo wird eine komplette Enklave der Kreidezeit ausgelöscht, um einen menschenleeren Planeten von
Mantas freizuhalten.
Aber Paläo hat bereits seine eigene intelligente Art hervorgebracht. Orn verfügt über ein
Rassengedächtnis. Er kann sich an die Entstehung des Lebens erinnern, das Leben im Wasser, sein Aufbruch an
Land, seine Fortentwicklung und die geographischen Veränderungen der Welt werden von Generation zu Generation
weitervererbt.
Der Roman nimmt sich ausführlich Zeit, das Leben von Orn darzustellen und die Beschreibung der urzeitlichen
Welt ist fantastisch. Da wir das Geschehen aus dem Blickwinkel Orns erleben, stellt sich dem Leser keine einfache
Naturdokumentation dar, Piers Anthony entwickelt eine umfassende Theorie der Vorgeschichte. So endet das Buch auch
mit einem pseudowissenschaftlichen Vortrag, dem man entnehmen kann, wie interessiert der Autor an einer
Interpretation des Wissensstandes der Archäologen ist. Er führt deutlich vor Augen, wie er die Aufgabe
eines SF-Autors sieht. Man wird nicht nur an Verne und Doyle erinnert. Dort, wo beide Autoren von eine festen und
moralisch einwandfreien Gesellschaft ausgehen, bietet Piers Anthony die räuberische Gesellschaft des Omnivoren
Mensch als Kulisse an. Somit bestimmt er seinen Platz beständig neu. In der Macht der Mantas ist der Mensch
niemals an der Spitze der Evolution, zumindest nicht kampflos.
Parallel zu Geschichte Orns wird die Beziehung der drei Menschen vertieft. Die Trennung auf der Erde ist geheilt,
scheint es. Gemeinsame Abenteuer, wie auf Nacre, bringen Nähe, dennoch drängt der offensichtliche Konflikt,
das sexuelle Bedürfnis, nach einer Lösung.
Katalysator ist das Zusammentreffen mit Orn. Hat sich bisher nur Cal, wenn auch insgeheim, Gedanken um die Zukunft
Paläos gemacht, wird es nun auch für Aquilon und Veg offensichtlich, dass hier eine massive Vernichtung
einer Welt droht.
So spaltet sich die Gruppe an der erkennbaren Bruchstelle. Veg und Aquilon gehen auf die Insel, auf der Orn und
seine Partnerin brüten. Obwohl die wichtigen Ereignisse für die Zukunft Paläos zu diesem Zeitpunkt
bereits angelaufen sind, von den Hauptfiguren und auch vom Leser unbemerkt, bringt dieser Höhepunkt des Buches
eine Zerstörung mit sich.
Der Traum von etwas ist befriedigender, als seine Erfüllung. Der Bruch auf der persönlichen Ebene zwischen
Veg und Aquilon, als beide erkennen, dass sie sich nicht so lieben, dass Sex ihnen keine Steigerung ihrer
Gefühle bringt, dieser Bruch führt dazu, dass das Verständnis Orns für die erstaunlichen Säuger
erwacht.
Aquilon kann nur durch diese Enttäuschung zur Pflegerin des letzten Eies werden. Wenn sie zum Schluss das Ei
zwischen ihren nackten Brüste, Säugerbrüste!, legt, um es zu wärmen, erfüllt sie eine
metaphorische Rolle, die noch deutlicher hervorhebt, wie tiefgründig Piers Anthony hier an einer Ontogenese,
sowohl der Menschen, der Mantas als auch der Orns gearbeitet hat. Aquilon bekam im ersten Band die acht jungen
Mantas überantwortet, nun trägt sie das Ei Orns an ihrer Brust.
Und nur Cal, das Gehirn, der es sogar schaffte, die nächste Generation von Agenten, jenen Supermenschen der
Regierung, intellektuell die Stirn zu bieten, wird eine Vorstellung davon haben, welche Rolle dieses Ei in der
Zukunft spielen wird.
Ethische Fragen kommen in Reichweite, die an Orson Scott Cards Ender Romane denken lassen.
Piers Anthony gibt seinem klassischen SF-Roman zunächst die Erzählstruktur eines Krimis. Wir erleben
einen Untersuchungsbeamten der Regierung bei seinen Ermittlungen. Allerdings ist Agent Subble kein gewöhnlicher
Ermittler. Speziell konditioniert und mit außerordentlichen Fähigkeiten versehen, beginnt er seine Arbeit
bei Null, denn für jede neue Mission werden den Agenten alle Erinnerungen genommen. Nicht einmal das Ziel
seiner Ermittlungen kennt er, um somit ohne jegliche Vorbelastung in die Untersuchung einsteigen zu können. Im
Unterschied zu einer robotischen Analyse, können diese Agenten, da sie ja immer noch Menschen sind, in einem
viel flexibleren Rahmen notwendige Nuancen und Feinheiten gerade bei Gesprächen mit den Betroffenen wahrnehmen
und einordnen. Erst im Anschluss an diese sehr persönlichen Berichte kommt es zu einer maschinellen Auswertung.
Subble hat die Namen dreier Interview-Partner. Mit jedem Gespräch klärt sich der Sinn seiner Mission,
erfährt er mehr Details. Dazu blendet Piers jedesmal ein Stück der Geschichte ein, die auf dem Planeten
Nacre begann und nun auf der Erde seinen Fortlauf nimmt.
Nacre ist eine Welt der Pilze. Die einzigen Tierarten sind Pflanzenfresser (meint hier Pilzfresser), Herbivoren
genannt und Omnivoren, die sich von Pilzen und den Herbivoren ernähren. Jene Omnivoren sind gewaltige, brutale
und dumme Kreaturen.
Drei Menschen sind auf Nacre unterwegs. Veg, Aquilon und Cal. Eine komplizierte Dreiecksbeziehung, zwei Männer,
eine Frau.
Recht schnell wird eine Verwandtschaft zu Nacre deutlich, als die drei eine weitere Lebensform entdecken: Die
Mantas.
Diese Mantas sind reine Fleischfresser, Carnivoren.
Als Cal eingesteht, sich nur von Blut ernähren zu können, erscheint das Tripple plötzlich als
verkleinerte Fauna des Planeten.
Herbivor, denn Veg heißt nicht umsonst so, Omnivor und Carnivor.
Auf dieser Ebene der Handlung begegnen wir einem zwar sehr konstruierten Spannungsverhältnis, das allein schon
eine außergewöhnliche SF-Story sein könnte. Doch damit gibt sich Piers Anthony nicht zufrieden.
Diese überraschende Allegorie ist auch nur eine scheinbare. Als die Frau einen Manta schützt, indem sie
aus einem für die Mantas tödlichen sonnenbeschienenen Tal trägt, ändert sich das bisher
beobachtende Verhalten der Mantas und sie überlassen ihr acht junge Mantas.
Es sind diese Mantas, die nun auf der Erde die Regierung zu einer Untersuchung veranlassen.
Einer lebt bei Veg, dem ersten Punkt der Untersuchung. Einer bei Aquilon. Die sechs anderen auf einer Insel in der
Nähe von Cal.
Veg, der von Cal als der Muskel in der Dreierbeziehung genannt wird, versteht sich als der Herbivore, den der Manta
beschützt, da der Carnivore sich nur von Omnivoren ernährt.
Aquilon ist demnach der Omnivore und die Schönheit. Ihre Fähigkeit, Beobachtungen mit Pinsel und Farbe
anstelle anderer Aufzeichnungsmittel festzuhalten, beeindruckt Agent Subble.
Überhaupt entwickelt Piers Anthony diesen Agenten auf beeindruckende Weise.
Bei Veg lernt er etwas über sich selbst, dass er nicht sein eigenes Leben führt, sondern nur das eines
Agenten ausfüllt. Bei Aquilon geht die Erfahrung über das Persönliche hinaus, als er mit dem
Übel der Massentierhaltung konfrontiert wird, erfahren wir zum ersten Mal mehr von Hintergrundwelt, wird
Nahrung in einer ethischen Betrachtung wichtig. Bei Veg waren es Bäume, bei Aqulion Pflanzen und Tiere und auch
Sex. Subble bemerkt dabei seine eigene Individualität.
Bei Cal, dem Gehirn der Dreierbande, endlich schafft er es darüber hinaus. Unter dem Einfluss einer Droge, der
Roman ist von 1968, wird ihm nicht nur aufgezeigt, wie begrenzt seine Supermanfähigkeiten sind, da sie immer
noch nichts weiter als Programmierungen darstellen, er von dieser allein zehrt und damit ihre Fehlerhaftigkeit
austrägt.
Cal zeigt ihm auch, was das Dritte Königreich ist, wie bedeutsam Pilze für die Erde sind.
Auf Nacre hat die Evolution die Pilze zu Siegern erklärt. Cals Theorie ist es, dass die Erde keinen anderen Weg
eingeschlagen hat, sondern sich ebenfalls auf den Weg dorthin befindet. Die Mantas also von der Spitze der
Entwicklungspyramide auf die Erde herabsehen, sie aber dennoch Interesse an den Menschen haben. Bisher aber gelang
es ihm nicht mit den Mantas über eine selbstgebaute Maschine in direkten Kontakt zu treten, dies traut er erst
Subble zu.
An dieser Stelle endet das Rekonstruieren der Vorgeschichte. Subble erkennt, dass es gar nicht um die
Aufklärung der Vergangenheit geht, sondern um Kontakt.
Und er stellt ihn her. Aber wiederum bietet Piers Anthony keine einfache Lösung an. Er wechselt in die Sicht
der Mantas, die nämlich selbst Pilze sind.
Bis zu Subbles Kampf mit einem von ihnen, gaben sie der Menschheit überhaupt keine Bedeutung außerhalb
von Nahrung. Nicht als Gemisch von Pflanzen-, Alles- und Fleischfressern sahen die Mantas die drei Wesen auf ihrem
Planeten, sondern stets als Omnivoren. Dumm, brutal und zum Töten geschaffen.
Mit Subbles Zweikampf ändert sich die Sicht, gestehen sie den Menschen Intelligenz zu.
Bis zum Schluss bleiben die Mantas die treibende Kraft, haben sie allein die Kontrolle.
Mag die Regierung die Gefahr der Sporenbildung auch mit aller Härte unterdrücken, sie tun damit nur das,
was ihnen die Mantas zu tun übrig ließen.
Veg, Aquilon und Cal kehren mit den Mantas nach Nacre zurück. Jeder der drei Menschen hat durch Subble einen
Teil seiner Geschichte neu erarbeitet. Aber keiner hat die Stufe des Übermenschen erreicht, sind sie immer noch
Omnivoren.
Omnivor ist ein sehr komplexer Roman. Seine verschiedenen Themen durchdringen sich und bilden sich in den
Betrachtungsweisen der Figuren auch beständig neu. Die Materie der dominanten Carnivoren wird hier subtil
aufgearbeitet, ähnlich wie in dem fast zwanzig Jahre später erschienenen Roman "Sperling" von Mary Doria
Russel.
Die Scheibenwelt ruht auf vier Elefanten die auf der Sternenschildkröte Groß-A’Tuin stehen, welche
durchs Universum zieht - und die Scheibenwelt ist eine der fantastischsten Buchserien, denen man verfallen kann.
Der Sammelband "Die Scheibenwelt" beginnt mit dem Roman "Das Licht der Fantasie", welcher direkt an "Die Farben der
Magie" anschließt, dessen Lektüre jedoch nicht unbedingt notwendig ist, um an Rincewinds und Zweiblums
weiteren Abenteuern teilhaben zu können.
Zweiblum ist der erste und wahrscheinlich auch letzte Tourist der Scheibenwelt und kommt aus dem weit entfernten
Achatenen Reich. Begleitet wird er von einer Reisekiste aus intelligentem Birnbaumholz, die nicht nur hunderte
kleiner Beinchen, sondern auch einen ausgeprägten eigenen Willen aufweist. Um die Welt zu erfahren, engagiert
Zweiblum den gescheiterten Zauberer Rincewind, der beständig fast stirbt, aber nur fast!
Gemeinsam durchwaten sie den Sumpf der Scheibenweltgefahren um letztendlich diese daraus ziehen zu müssen.
Dabei helfen Ihnen nicht nur der greise Barbar Cohen, wandernde Läden und Steincomputer, sondern auch ein
geheimer Zauberspruch.
Der Einstieg in die reiche Fabulierkunst Pratchetts könnte nicht besser von statten gehen. Jeder Satz ist eine
wunderbare Konstruktion aus Wortwitz und Anspielungen. Allein mit den Bemerkungen und Diskussionen, mit denen
Pratchett die Handlung begleitet, etwa über das Zutreffen lyrischer Metaphern, könnte man sich ausreichend
amüsieren. Aber auch die Handlung durch die unsere Figuren auf mehreren Ebenen stolpern, bereitet großes
Vergnügen, etwa, wenn die Acht Orden der Unsichtbaren Universität versuchen, Rincewind zu finden. Auch
erlebt man in diesem Roman die Orang-Utan-Werdung des Bibliothekars.
Der zweite Roman ist "Das Erbe des Zauberers", in dem ein übereifriger Zauberer sein Erbe und Zauberstab an
einen Nachfolger abgeben will, leider ist der Achte Sohn eines Achten Sohnes ein Mädchen. Nun ist die
Scheibenwelt sehr magisch tradiert, Jungs werden Zauberer und Mädels Hexen, wenn die Magie stark in ihnen ist.
Eskarinas Bestimmung die erste ZauberIN der Scheibenwelt zu werden, rüttelt also an den Grundfesten, besser an
den Elefantenbeinen der Scheibenwelt.
Die ortsansässige (das Örtchen heißt Blödes Kaff!) Hexe ist Oma (Esmeralda) Wetterwachs. Sie
hat alles im Griff und für Zauberei nichts übrig, also bestimmt sie, dass Eskarina bei ihr in die
Hexenlehre geht und gar nicht erst mit dem Zaubererquatsch beginnt. So ganz lässt sich das Zaubererbe aber
nicht austricksen und schon bald ziehen beide los, um Esk eine Ausbildung in der Unsichtbaren Universität, der
Zaubererschule, zu verschaffen. Unterwegs begegnet ihnen noch ein schlaksiger Zaubererlehrling, der natürlich
Simon heißt und nicht nur für Esk große Bedeutung erlangt.
Wenn auch nicht ganz so überquellend an Ideen wie sein Vorgänger, ist der erste Oma Wetterwachs Roman ein
großer Spaß.
Man muss es vorausschicken: Die Scheibenweltromane haben es nicht verdient, in einer so schlechten Ausgabe wie der
von Piper zu erscheinen. Zwar gelten die Übersetzungen von Andreas Brandhorst zu "The Ligh Fantastic" und
"Equal Rites" als seine Besten. Aber warum bekannte Übersetzungsfehler, wie etwa "Würdentracht" als
Götterwohnsitz, Kuckucksuhr wo es um Pusteblumen geht, weiterhin erscheinen dürfen, ist nicht nur ein
Rätsel, sondern auch sehr ärgerlich.
Ganz grässlich ist immer noch die Erfindung Brandhorsts: "Oma Wetterwachs nickte. Und hielt wenige Tage
später ihre ersten Vorträge als Hexendozentin." Was weder im Original drinsteht, noch mit den
Nachfolgebänden übereinstimmt.
Dazu kommt noch ein katastrophaler Umgang mit den genialen Titelbildern von Josh Kirby (1928-2001). So geht der
Titel quer durchs Bild, der Buchrücken schneidet einen Großteil des Bildes ab und auf dem Rücken
erscheint nicht etwa das Cover von "Das Erbe des Zauberers" sondern eine noch zerschnittenere Version des Covers zu
"Das Licht der Phantasie". Man kann daher nur vom Kauf dieser Ausgabe abraten, und empfehlen, sich die Heyne oder
Goldmann Ausgaben zu besorgen.
Sie gibt sich wirklich Mühe. Ein Leben für die Literatur und dennoch schlägt das Leben grausam donnernd zu. Thursday Next hat eine Menge Probleme. Ihre Familie beginnt sich im temporalen Chaos zu verlieren, ihr erstes Abenteuer bescherte ihr neue Feinde und große Begehrlichkeiten und natürlich müssen Lehren gezogen werden, was direkt zu einer Lehrstelle bei Miss Havisham aus Große Erwartungen von Charles Dickens führt: Genau, die ewige Braut.
Ach ja, etwas Pressearbeit ist zu leisten, Dodo Pickwick legt ein Ei, und die Entropie entropiert.
Das Lesen des zweiten Thursday-Next Bandes ist wieder eine Entdeckungsreise in die englische Literatur. Dabei geht es fast mehr um die nicht geschriebenen oder verschollenen Werke, so etwa um Shakespeares Cardenio und den großen Pool der mangelhaften Ideen und Konzepte, die von der Grinsekatze verwaltet werden.
Aber wir erleben einen Prozess natürlich in Kafkas Gerichtsaal aus dem Prozess, wir begegnen der Herzdame, wie die Grinsekatze aus Alice im Wunderland, und begeben uns in Verstand und Gefühl von Jane Austen; ach ja, im Raben von Poe hat Thursday auch noch etwas zu erledigen.
Die zum Teil völlig absurden Geschehnisse sind Teil einer sehr komplexen und gut durchdachten Handlung, Nebensächlichkeiten gibt es in diesem Buch nicht, so nebensächlich sie auch versteckt werden. Fforde ist ein begeisternder Erzähler, mit britischem oder besser waliser Humor lästert er bitterböse über die Macht globaler Konzerne und unüberlegter Manipulation der Natur.
dtv hat den zweiten Fforde-Band in der Reihe dtv galleria premium herausgebracht, wobei ein Unterschied zur alten dtv-Premium Reihe nicht zu erkennen ist. Die gelbe Einbandgestaltung passt zum Vorgänger, wirkt aber doch etwas sehr signalhaft, es steht zu befürchten, dass dtv die farbliche Gestaltung der Philip K. Dick Reihe von Heyne nachahmt.
Der kleine Oldtimer auf dem Cover hat nur einen vagen Bezug zum Buch, ist damit aber ausreichend neutral, um den Leser nicht abzuschrecken.
Inzwischen ist Fforde in Deutschlands Leserherzen angekommen und man sollte wirklich keinen Band verpassen.
Und es ist egal, ob das Werk unter Literaturwissenschaft, Science Fiction oder einfach im Belletristik Regal steht, Langeweile gibt es in einem anderen Buch, in diesem nicht!
Sah es am Ende von Band 3 doch recht düster um die Dunkelelfenmetropole Menzoberranzan aus, scheint sich das
Blatt zu wenden. Oder ist Band 4 nur das retardierende Moment der Reihe?
Zumindest taucht der Erzmagier Gromph Baenre wieder auf und mit seinem Erscheinen kann der erste direkte Angriff auf
die Stadt zurückgeschlagen werden.
Quenthel und ihre Begleiter suchen immer noch nach einem Weg, ihrer Göttin Lolth nahe genug zu kommen, um deren
Schweigen zu ergründen. Allerdings verlassen Halisstra und Ryld die Gruppe, denn die Dunkelelfin kommt nicht so
recht los von der Oberfläche und der von ihr getöteten Eilistraee-Priesterin. Ryld entdeckt seine in ihm
schlummernde Liebe zu Halisstra und sie die ihre zu ihm.
Das Leben der Dunkelelfen beginnt immer mehr von den jahrtausendelang gültigen Regeln abzuweichen. Bereits die
zweite Religionsgemeinschaft spricht davon, das Lolth die Rasse der Drow versklavt hat und den Dunkelelfen die
Rückkehr an die Oberfläche missgönnt.
In der Kultur der Drow zeichnen sich immer tiefere Risse ab, denn auch der in einem Patriarchat aufgewachsene Nimor
steht für einen radikalen Umbau der Dunkelelfengesellschaft. Allerdings wird noch nicht so recht klar, wo der Platz
der Dunkelelfen sein wird, wenn sie ihrer Chaosgöttin abschwören.
Zwischen Quenthel und Pharaun kommt es zu einem Zweikampf, den beide überleben, überrascht von der
Intelligenz und Stärke ihres Gegners. Diese Beziehung arbeitet auf einen Höhepunkt zu.
Lisa Smedman nimmt die unterbrochene Charakterentwicklung der ersten beiden Bände wieder auf. Die Figuren
sammeln Erfahrungen und passen sich an. Ihre Reaktionen sind mit ihrem Hintergrund erklärbar, so etwa Rylds
Reaktion auf die Monsterjagd der Eilistraee-Priesterinnen, die ihn an die Sklavenjagden seiner Jugend im
Elendsviertel Menzoberranzans erinnern.
Selbst der Dreagloth Jeggred erscheint plastischer, wenn auch eine Herabwürdigung des Charakters deutlich wird.
Vom durchtriebenen Beschützer seiner Mutter entwickelt er sich zum einfältigen Diener, der bedingungslos
Befehle ausführt, allerdings gibt Smedman ihm Regungen und Gefühle, erfährt der Leser etwas über
die Sicht des Halbdämons außerhalb von Blut und Folter.
Auch Lisa Smedman lässt sich eine solide erzählerische Leistung bescheinigen, ist ihr Roman spannend und
ohne ermüdende Schnörkel.
Das Titelbild ist leider zu statisch und passt nur schwer zum Roman, die Gesamtgestaltung hingegen ist wie bereits
bei den anderen Bänden der Reihe stimmig. Feder und Schwert liefert eine gelungene Fortsetzung der
Dunkelelfensaga ab. Die ersten Bände sind bereits in den Nachauflagen erschienen, was für einen Erfolg
spricht und trotz der redaktionellen Probleme beim Wechsel von Band 1 zu Band 2, ist die Serie gute Fantasy-Kost.
Langsam erkennt man die Strukturen des Zyklus. Band 1 stellte uns Menzoberranzan und die Akteure vor und lieferte
die erste große Bedrohung der Stadt durch den Sklavenaufstand. In Band 2 wurde durch die Zerstörung der
Dunkelelfenstadt Ched Nasad verdeutlicht, wie ernst die Lage für Menzoberanzzan ist, denn in Ched Nasad
agierte nur ein Klan der Grauzwerge aus Gracklstugh. In Band 3 nun marschiert eine riesige Armee gegen
Menzoberranzan, wird der Erzmagier kaltgestellt und ein großes Kontingent der Menzoberranzanyr vernichtet. Die
Ausweglosigkeit ist groß und für den Zyklusmittelpunkt entsprechend am bisherigen Tiefpunkt, dramaturgisch
läuft es bis hier gut gewählt und überzeugend.
Richard Baker vollführt in Verdammung keine Experimente. Er hat einen großen Handlungsrahmen abzustecken und
erledigt diese Aufgabe routiniert. Die Figuren zehren von ihrer Charakterisierung in den Vorbänden, Baker
fügt hier nichts hinzu. Allein die unerwartete „Untreue“ von Aliisza, die gerade noch ihren
Herrschaftsanspruch gegenüber Pharaun erklärt hatte, fällt auf, ansonsten benehmen sich die
Hauptpersonen ihren bisherigen Rollen entsprechend.
Alles in allem ein spannendes Buch auf mittlerem Fantasy-Niveau.
Das Wasser - unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2004 und machen uns Gedanken.
Wie unendlich ist das Wasser? Was ist Wasser?
Die Edition Ponte Novu veröffentlich keine gewöhnlichen Anthologien. Bereits
GENpest beschäftigte sich mit ethischen und ökologischen Problemen.
Der Erlös wurde und wird Gruppen und Organisationen zur Verfügung gestellt, die den Kampf gegen die
»Genpest« aufgenommen haben.
Der Erlös von „Die Wasser der Zukunft“ fließt der Umweltschutzorganisation
Robin Wood zu. Nach dem Lesen des Buches ist diese Verbindung auch klar. Geht
es doch um die Substanz unseres Lebens, eines der gefährdetesten Bestandteile, dass wir mit einer
Selbstverständlichkeit nutzen, mit einer Sorglosigkeit, die nur wenigen bewusst wird. Unseren Blick auf das
nasse Element zu schärfen, sind 19 Autoren aufgebrochen, über Wasser zu erzählen.
Irina Grothues versetzt sich in ihrem Vorwort des Wassers in die Rolle des Wassers als ein
Ankläger. Das personifizierte Wasser erzählt seine Geschichte, vom Werden und Scheitern der Beziehung mit
den Menschen. Eine mahnende Vision, die das Buch eindringlich eröffnet.
Dann folgt auch schon eine der besten Geschichten der Anthologie: Das Lilienballspiel von Udo
Mörschbach. Der Fensterputzer Lilienball gerät in die Intrigen einer korrupten Gesellschaft, die an
sich selbst krankt. Eine zynische Dystopie, die den Leser in einer Sprache fesselt, der er sich nicht entziehen
kann. Lilienball ist nicht nur ein Spielball, er ist die eine Blume in der Öde. Durch die Konzentrierung auf
diesen einsamen Farbtupfer, wird das Grauen hinter der Handlung plastisch. Ein herausragender Text.
Ebenfalls mit dem Grauen spielt Matthias Nawrat in seinem Die Männer vom Energiekonzern.
Wenn Wasser so kostbar wird, dass jeder fehlende Tropfen vermisst wird, wird ein kleines Mädchen, das ein Glas
Wasser wie einen Schatz hütet zum Verbrecher. Dieser ungewöhnliche Plot bringt zwei grundsätzliche
Fragen in Beziehung zu einander. Wie kostbar ist Wasser? und Darf Wasser jemandem gehören? Der Autor zwingt
seine Leser durch das Bedrohliche der Handlung, nachzudenken und Furcht zu verspüren, Angst vor den Folgen der
heutigen Entwicklung. Dabei führt der Autor keine Wertung durch. Der Leser ist Ziel und Ort einer
Entscheidung.
In Die Hallen des Wassers von Corinna Jedamzik geht es um eine Zukunftswelt, in der Wasser
durch die Dummheit des Menschen zur knappen Ressource geworden ist und der Wasserspeicher Mensch eine neue Bedeutung
erlangt. Zwar weist die Autorin auf eine Welt mit negativen Zügen hin, dennoch bleibt die Geschichte farblos,
hat man das Gefühl eine mit Soylent Green aufgepeppte Ökostory zu lesen.
Ein kleiner lyrischer Einschub stellt Der Ritt auf dem Wal von Mechthilde Vahsen dar. Es ist
zwar kein Gedicht, aber der Ritt auf dem Wal ist eine kleine treibende Insel zwischen den schweren SF-Texten, eine
ganz eigene Liebeserklärung an das Meer, die in Tausendblau von Veronika Aydin sogar noch
weiter geführt wird. Eine einfache Tauchergeschichte über das Wunderbare am Leben im Wasser.
Meer der Meduse von Ernst-Edmund Keil ist ein Manifest gegen die Umweltverschmutzung, leider
wenig mehr.
Mit Aquaviva aber gelingt Edgar Güttge das Highlight des Buches. Güttkes Stil
nähert sich der Realität immer von einer darüberliegenden Dimension. Sein Blick auf das Geschehen
flimmert, springt in einem fröhlichen Tanz hin und her. Ist man zunächst verwirrt, steckt man auch schon
mittendrin. Die Figuren und ihre Motivationen sind nach wenigen Absätzen kilometertief ausgeleuchtet. Es ist
ein Fest des Erzählens. Immer natürlich in seinem eigenen spezifischen Kontinuum. Aquaviva, das lebende
Wasser, lenkt den Leser spielerisch zu den Verschmutzungsproblemen, bleibt die Lage zwar Ernst, aber haben die
Hauptpersonen Möglichkeiten zu agieren. Aquaviva ist die bei weitem ausgebauteste Erzählung der
Anthologie, sowohl qualitativ als auch quantitativ.
Weg von einer ökologischen Bedeutung führt uns Boris Schneider in seinen Feuchten
Träumen. Nein, auch eine sexuelle Bedeutung ist trotz des Titels nicht gemeint. Der Text ist eine
beklemmende Geschichte über die Realität von Träumen. Wenig überraschend allerdings.
Timo Baders Die Flut stellt den Leser auf eine harte Probe. Die letzte Insel der Welt wird durch das
Bersten eines Staudammes bedroht. Wo aber steht aber dieser Staudamm? Nach diesem einleitenden Plotproblem wird es
leider nicht besser. Der Konflikt Ober- gegen Unterwelt wird in einem oberflächlichen Geplänkel dargelegt,
ohne Figuren oder Hintergründe näher zu beleuchten, oder eine interessante Idee zu präsentieren. Der
Text lässt so viele Fragen übrig, die man aber gar nicht gelöst haben möchte. Für mich die
schwächste Story der Anthologie.
Eine typische Geschichte über die Geister, die man rief und nicht wieder los wird ist Als Mr. Hyde
aufhörte Durst zu haben von Rüdiger Bartsch. Der geniale Wissenschaftler, der Laborunfall
und die unkontrollierbare Natur - alle sind sie vertreten. Nichts wirklich Neues, zum Teil behäbig erzählt
aber durchaus spannend.
Gut für dich, gut für mich von Torsten Scheib stellt uns eine Welt vor, in der
ähnlich wie im Lilienballspiel über das Wasser den Menschen Substanzen verabreicht werden,
um sie dem Staatswesen genehm zu manipulieren. Zwar beschreibt Scheib ausführlich die Umstände
seines doktrinären Staatswesens, aber es gelingt ihm nicht, daraus eine spannende Geschichte zu stricken, zu
bekannt und vorhersehbar fügt sich die Handlung.
So ganz anders ist Winter im Park. Frauke Schuster widmet sich leise einer ungewöhnlichen
Ambivalenz. Füttern verboten! weist ein alter Mann eine ebenfalls alte Frau zurecht. Das Entenfutter
verschmutzt das Wasser, weiß er. Aber sie hat nur das Entenfüttern.
Nichts auf dieser Welt ist einfach. Man kann es wohl kaum besser ausdrücken, als in dieser kleinen, wunderbaren
Parabel.
Nach Indien führt uns Wasser aus der Wand von Traudel Schmidt. Neben Güttges
Aquaviva die rundeste Erzählung des Buches. Die Geschichte der kleinen Sweta, deren Leben von Wasser
abhängig ist und für das Wasser in entscheidenden Momenten die Zukunft bestimmt, ist unbenommen eine
anrührende und sorgfältig erzählte Episode aus einer Welt, die uns ferner scheinen mag, als etwa die
Wasser des Mars.
In ein Märchen gewandet ist Als das Wasser fortging von Christina Priplata-Harand. Die
Ähnlichkeiten zum Vorwort des Wassers sind verblüffend, denn auch hier wird aus der Perspektive des
Wassers geschrieben und wie dort erfahren wir eine Zusammenfassung des bisherigen Lebens mit den Menschen. Es ist
ein schönes Märchen, ohne belehrend zu sein, der Stil lässt auf südliche, vielleicht
orientalische Einflüsse schließen, auf jeden Fall eine glitzernde Fassette am Kleid dieser Anthologie.
Um die Vielfalt zu unterstreichen, folgt eine Sage über Corsica. Beim Sinnieren über Einen
Brunnen voller Gold zeigt Ina Schimpf, wie Gier und Macht das Inselparadies zerstörten.
Es kommt jedoch beim Lesen keine rechte Begeisterung auf. Die Autorin vermag es nicht, Spannung oder Mitgefühl
zu erzeugen, zu sehr ähnelt ihre Geschichte den bekannten Inselgeschichten.
Mit einem normalen Sintflutszenario beginnt Als der Regen kam von Sunil Mann. Allerdings
bricht der Autor daraus aus, als er die Fastertrinkenden ihre Träume in das Wasser fallen lässt. Welche
Allegorie! Mit unerwarteter Plötzlichkeit wendet sich der Text der Hoffnung zu. Ein heller Schein inmitten der
vielen Untergänge.
Auch eine Fantasygeschichte findet ihren Platz in dieser Anthologie: Der Ruf des Wassers von
Stefani Hübner-Raddatz erzählt vom geheimnisvollen Kampf des Wassers als graue Krieger und von
Demut und ist letztendlich auch eher eine Parabel, eine Geschichte, die die alten Schamanen an Lagerfeuern des
Nachts erzählen.
Den Abschluss bildet Asylum von Andreas Erdmann. Ein Text, der wie das Meer anbrandet, sich
mal zurückzieht, mal stürmt. Eine Umkehr der Schöpfungsgeschichte. Sie endet im Wasser und mit dem
Wort. Ein nachdenkliches Ende.
Die Anthologie hat Höhen und Tiefen und ist auf keinem Fall eine qualitativ plane Sammlung, aber sie ist voller
Wasser. Ernst und mahnend, fröhlich und aberwitzig. Auf jeden Fall beste Unterhaltung.
Mir lag nur eine pdf-Datei für die Rezension vor, so muss eine Betrachtung des realen Buches entfallen, aber
zum Cover lässt sich soviel sagen, dass Susanne Jaja, die 2004 mehreren Anthologien ein schönes
Deckchen verpasste, auch hier eine gute Synthese aus optischer Prägnanz und individueller Vielfalt gelungen
ist. Gerade die Details vom verknoteten Wasserhahn bis hin zur aufploppenden Erde, passen zu Titel und Buch und
fügen darüber hinaus sogar noch etwas hinzu.
Dieses Buch sollte man kaufen, denn es dient dem Umweltschutz (ich hoffe, dass auch auf umweltfreundlichem Papier
gedruckt wird) und es macht nur trunken von guten Geschichten.
Wenn das Ergebnis nicht so löblich wäre, müsste man bei diesem Buch von einer Mogelpackung
sprechen.
Im Hype der großen Herr der Ringe Verfilmung, sind Bücher mit dem Namen J.R.R. Tolkien auf dem Cover
wahrscheinlich verlegerische Selbstläufer. Das nur das Essay von Tolkien ist und nicht der eigentliche Text,
erkennt wohl nur der Kundige.
Aber natürlich macht eine Veröffentlichung dieser Prosaumsetzung eines mittelalterlichen Gedichtes nur in
dieser Kombination Sinn. Der zugrunde liegende mittelenglische Text stammt aus dem 14. Jahrhundert, sein Verfasser
ist unbekannt. Tolkien selbst fertigte eine Übertragung ins Neuenglische an, die sich im Vers- und Reimschema
an die Vorlage hält, Auszüge davon sind im Essay zu finden und sie beeindrucken besonders in der
Verwendung des Stabreimes. Hans J. Schütz hat dennoch in seiner Prosaübersetzung eine Stilistik gefunden,
die den Text alt erscheinen lässt, aber nicht auf eine nur schwer zu erreichende Erhaltung der Reime setzt. Die
Anmerkungen am Ende des Buches beziehen sich auf das Tolkien-Essay und sind offenbar ebenfalls aus "Die Ungeheuer
und ihre Kritiker. Gesammelte Aufsätze" entnommen und stammen höchstwahrscheinlich vom Tolkien-Sohn
Christopher, was leider nicht erwähnt wird.
Unsere Welt ist voller Fantasy, letztendlich dank Tolkien. Und nur er kann uns sagen, warum er das Genre jenen
evolutionären Anstoß gab. Mit seinem Essay über Sir Gawain wird aus der einfachen Rittergeschichte erst
ein Grundgerüst der englischen Literatur, zumindest für uns Deutsche, die dank Wagner voll von alten Sagen
sind.
Tolkien weist gleich zu Beginn nach, wie sehr der unbekannte Verfasser seine Handlung auf noch viel ältere
Mythen aufbaut, ohne sie tatsächlich zu erwähnen. Mit genau diesem Anspruch aber gestaltet Tolkien sein
eigenes Werk. Unter der obersten Schicht der Handlung liegt ein kompliziertes Geflecht aus Geschichten und
Märchen, die den erzählerischen Kontext bilden und die Figuren auf eine Präsenz heben, die eine
flache Ereignishistorie nicht zu gebären vermag.
Alleine für sich hätte die vorliegende Version von Sir Gawain und der grüne Ritter wohl kaum eine Chance.
Gawain springt für seinen König, Artus, zudem sein Onkel, in die Bresche, um am Neujahrstag ein
verrücktes Spiel zu spielen. Der grüne Ritter fordert die Tafelrunde heraus, ihm einen Schlag zu
versetzen, den er in Jahr und Tag vergelten will.
Um den König zu schützen, nimmt Gawain an und macht sich einen Winter später auf, den Grünen
Ritter in seiner Kapelle aufzusuchen und den Gegenschlag zu erwarten, denn trotz abgeschlagenen Kopfes,
überlebt der Herausforderer Gawains Streich.
Kurz vor der Frist erreicht Gawain eine Burg, in der er das Weihnachtsfest als angesehener Gast verbringen darf.
Der Burgherr nötigt ihm ein Spiel auf, in dem es darum geht, einander die Gaben des Tages zu schenken.
Während der Hausherr zur Jagd reitet, bleibt Gawain müßig im Bett und wird von der schönen Lady der
Burg versucht.
An drei Tagen weist er sie ab, jedesmal lässt er nur Küsse zu, die er dem Gatten abends im Austausch mit
dessen Jagdbeute dem vereinbarten Spiel entsprechend weiterreicht. Allein am letzten Tag lässt er sich von der
holden Maid einen Gürtel als Liebespfand aufschwatzen, der Unbesiegbarkeit verspricht.
Gawain kommt aber dennoch pünktlich am Neujahrstag zur grünen Kapelle um vom Grünen Ritter den
versprochen Schlag zu empfangen...
Das alles kommt einem zunächst wie eine typische Rittergeschichte vor, mit dem christlichen Fanal der
weiblichen Sündhaftigkeit.
Erst durch Tolkiens Auseinandersetzung mit dem Text wird dem modernen Leser die Bedeutung des ursprünglichen
Gedichtes klar. Die verschiedenen Ebenen des Moralkonfliktes, die dem unbekannten Verfasser wichtig, für uns heute
aber kaum erfassbar sind, lassen sich ohne altphilologische Studien wohl kaum wahrnehmen. Und doch fragt man sich,
warum es solch wichtige Themen zu selten in die aktuelle Literatur schaffen. Das Auseinanderbrechen althergekommener
Gesellschaftsansichten und neugelebter Moral, ist doch eigentlich akut, aber außer langweiliger Moralisierung und
Pop bietet uns sich nichts dar.
Klett-Cotta hat Recht, dieses Buch markttechnisch attraktiv zu präsentieren. Der Umschlag des Hardcovers wurde
von Dietrich Ebert so gestaltet, dass jeder Tolkien-Fan automatisch aufmerksam wird, ansonsten wird die Gestaltung
nur dem Titel, nicht aber dem Werk gerecht, zu bieder und themenspezifisch kommt sie daher.
Aber trotzdem bleibt der Wunsch: Mögen es noch viele mittelalterliche Gedichte so in unsere wankende Welt
schaffen. Und natürlich ist der ein Schuft, der böses dabei denkt!
Band 1 verließ uns damit, dass Quenthel, der Obersten Klerikerin der Priesterinnenakademie Arach-Trinilith eine
Aufgabe übertragen wurde. "Sie sollte eine Expedition nach Ched Nasad anführen, um herauszufinden, warum
aus der Richtung keine Reisenden mehr kamen und was die Priesterinnen der Vasallenstadt über Lolths Schweigen
wussten."
Mit unerklärlichem Versagen der redaktionellen Kontrolle wird daraus eine Mission, in der es darum geht magische
Gegenstände aus einer Lagerhalle in der Dunkelelfenstadt Ched Nasad zu stehlen. Diese völlig abstruse
Story wird schon dadurch zerstört, dass die Träger der Handlung für eine derartige Aktion
schlechtmöglichst ausgewählt wurden. So schickt die oberste Muttermatrone von Menzoberranzan neben ihrer
Schwester Quenthel auch noch ihren Sohn Jeggred, der ein Draegloth (Halbdämon) ist, den Waffenmeister Ryld, den
Söldner Valas und natürlich unseren Zauberer Pharaun los. Für eine Forschungsreise sicher eine gute
Wahl, für einen Raub deutlich zu wenig. Diese wirklich ärgerliche Umdeutung stört während des
gesamten Buches.
Kleinere Unsauberkeiten im Zusammenspiel mit dem ersten Band werden dadurch nur noch größer. Da der Hauptplot
schon hanebüchen ist, grenzt es an ein Wunder, dass dennoch ein spannendes Buch entstand. Die Figuren erhalten
allerdings eine andere Ausrichtung, agieren weniger kühl, mehr menschlich, was interessant aber weniger
originell als bei Byers ist. Der skrupellose Pharaun mutiert zum Supermagier, der nach dem letzten Zauber immer noch
einen allerletzten Zauber hervorkramt, man sieht förmlich die Szenen aus Baldurs Gate, wenn er zaubert. Dieser
von Ehrgeiz zerfressene Dunkelelf gerät unter die liebliche Knute eines Alu-Scheusals, das entgegen seiner
Bezeichnung eine sexsüchtige Schönheit ist. Somit rührt auch die Nebenhandlung in bekannter
Fantasy-Soße.
Die Kämpfe tragen viel zur Rettung des Romans bei. Sie sind abwechslungsreich und spritzig beschrieben, was
nicht nur am austretenden Blut liegt.
Phantasisch und erwähnenswert sind bei beiden Bänden übrigens Titelbild und Covergestaltung. Hier hat
besonders Brom als Titelbildmaler eine große Arbeit geleistet. Auf Band 2 sind Quenthel und Jeggred zu sehen; erst
durch dieses Bild gewinnt der Draegloth seine dämonische Ausstrahlung, denn ein solches Geschöpf ist
schwer vorzustellen.
Schlechter als sein Vorgänger schafft es Empörung aber doch, die Freude an der Fortsetzung der
Menzoberranzan-Historie zu erhalten.
Das Leben ist wunderlich. So springt ein großer R. A. Salvatore Fan durch die Gegend und erfährt nichts von
den wunderlichen Neuigkeiten auf dem Buchmarkt. Das liegt zum einen daran, dass nicht jede Buchhandlung in seinem
Fantasy-Fach übermäßig viel und noch viel weniger vom Verlag Feder & Schwert anzubieten hat. Wenn dazu
noch eine Eindeutschung des Titel-Slogans kommt, kann der brave Fantast gar nicht zu seinem Glücke kommen, es
sei denn der Zufall spielt eifrig mit. So krallten meine gierigen Finger nach einem Rezensionsexemplar um zitternd
zu erkennen, BAND 4! von sechs erhascht zu haben.
R. A. Salvatore schreibt ja selbst regelmäßig weiter an der Geschichte um Drizzt Do ′Urden (Keiner war wie er!),
jene Bücher erscheinen aber unter Forgotton Realms / Vergessene Welten bei nun mehr Blanvalet. Bei Feder &
Schwert wird eine Reihe Bücher, die in derselben AD&D Welt spielen unter dem Titel Vergessene Reiche
publiziert.
Salvatore leitet die Serie redaktionell und diverse Autoren versuchen sich in sechs Bänden dem Mythos den
Dunkelelfen neue Schatten hinzuzufügen.
Da ich mit Band Vier unschwer anfangen konnte, explodierte ich in konfusem Kaufrausch und füllte mein Regal mit
den fehlenden Bänden.
"Zersetzung" von Richard Lee Byers ist ein in höchstem Maße zufrieden stellender Opener. Alles geschieht in
Menzoberranzan, der berühmtesten aller Dunkelelfenstädte, der Geburtstadt von Drizzt, dem blutige
Medaillon der Chaosgöttin Lolth.
Der Band dient offensichtlich dazu die Figuren einzuführen und das gelingt in einer spannenden, gut
geschriebenen Story, die alle wichtigen Plätze der Stadt berührt und sogar wesentlich dichter an das
chaotische Wesen der Dunkelelfen herankommt, als die Dunkelelf-Saga von Salvatore. Echte Freundschaft zwischen
Dunkelelfen gibt es nicht und so kann es auch keine typischen Heldengruppen geben. Pharaun, der Meister arkaner
Künste (Zauberer) und Ryld, Meister der Waffen, ziehen zwar zusammen los, einen Auftrag zu erfüllen (und
die Welt zu retten), jedoch ist ihre Gemeinschaft sehr dunkelelfisch.
Da die Göttin Lolth verschwunden scheint, verfügen ihre Priesterinnen, die darauf ihre matriacharliche
Regentschaft begründen, über keine aktive Magie mehr. Das bringt nicht nur die unterdrückten
Dunkelelfen Männer auf interessante Ideen.
Der Tisch ist gedeckt. Pharaun stand im ersten Band im Mittelpunkt und es bleibt abzuwarten, ob die anderen, hier
unerwähnten Figuren noch mehr an Bedeutung gewinnen.
Zersetzung ist ein klassisches Fantasy-Werk, herrlich morbid, ohne Fehler und ohne Kenntnisse der Serie
uneingeschränkt lesbar.
Das Buch ist ein Klassiker, das Geschehen bekannt. Im Eismeer von einem Forschungsreisenden gerettet,
erzählt Viktor Frankenstein die Geschichte seines Verderbens.
Sie handelt von frohen Jugendjahren in Genf, der rasenden Studienzeit in Ingolstadt, die der eifrige Chemiker mit der
Erschaffung seines Monsters krönt. Doch unfähig, dem Geschöpf, nun da es lebt, ein Vater und Lehrer
sein zu können, da dessen Hässlichkeit Ekel und Abscheu hervorruft, flieht Frankenstein und
überlässt das Wesen sich selbst. Durch sein Erscheinungsbild von allen Menschen sofort als Scheusal
verdammt, entbrennt die Kreatur in großem Hass auf seinen Schöpfer und beginnt sich fürchterlich an ihm zu
rächen, um so schmerzlicher wird dieser Krieg, als Frankenstein seinem lebendigen Werk die Erschaffung einer
Gefährtin abschlägt, die es sich doch so ersehnte und in der der Einsame die Erfüllung seiner
Liebessehnsüchte erhoffte.
So scheitert Frankenstein an seinem jugendlichen Leichtsinn und an mangelnder Verantwortung. Der Wissenschaftler, der
die Konsequenzen seiner Forschung nicht bedenkt und mit dem Unheil seines Werkes leben muss, ist ein Sujet, dass sich
nicht nur in realen Gestalten wie etwa Oppenheimer tatsächlich vollzog, sondern um so bedeutsamer wird, je mehr
wir von genmanipulierten Lebewesen umgeben sind und unsere Eingriffe in die Natur eine Dimension erreichen, die uns
schon lange jede Kontrolle unmöglich machen.
Was Mary W. Shelley als einfache Schauergeschichte erfand, berührte in seiner ethischen Grundfrage Generationen
von Lesern und wies den Weg in ein Genre der Monstergeschichten, deren Kreaturen ihre Herren verraten. Dabei liegt
der Autorin die Gestalt Frankensteins sehr am Herzen. Zwar lässt sie ihre Figur erkennen, wie furchtbar die
unbedachte Erschaffung von Leben war und wie sehr der Mangel an Zuwendung und Betreuung das Übel förderte,
doch gibt sie Frankenstein kein Mittel an die Hand, sein Schicksal zum Guten zu wenden. Nur kurz kann er hoffen,
durch die Herstellung eines weiblichen Monsters, sein Kretin auf ewig loszuwerden, allein durch die bittere Erfahrung
belehrt, überdenkt er diesmal sein Handeln vorher und auch wenn er sich der Folgen nicht genau im klaren ist,
wählt er den leidverheißenden Weg. So bleibt ihm kein Ausweg, erfüllt sich das Unabwendbare.
Hat das Buch auch jenen Schauer verloren, den damals gottesfürchtige Christen verspüren mussten in
Anbetracht der lästerlichen Tat Frankensteins, beeindruckt die leidenschaftliche Sprache und schlägt wie eh
und je in Bann. Für wahr ein Klassiker und es ist besonders lobenswert, das ihn der area-Verlag mit einem
anderen Hauptwerk des Horrors, nämlich Bram Stokers Dracula, in einem Hardcover feinsäuberlich band, dessen
blutig dunkelrotes Cover wunderbar gelungen ist. Allein die Aufmachung macht das Buch zu einer unumschränkten
Kauf- und Leseempfehlung und für 9,95 Euro gibt es beide Bücher wohl nur gebraucht und als Paperback,
einziger Wermutstropfen ist eine fehlende Überschrift im 24. Kapitel auf Seite 729. Wo eigentlich noch Dr. Sewards Tagebucheintragungen erwartet werden, wechselt plötzlich im nächsten Absatz das Geschehen zu Jonathan Harker. Ein störender Fehler, der dem Gesamteindruck aber zu so später Stelle im Buch, keinen Flecken verabreicht.
Bram Stokers Dracula ist geschrieben als eine Abfolge von Eintragungen in verschiedene Tagebücher, Notizen aus Zeitungen und diverser Telegramme. In deren Verlauf erfahren wir die unglaubliche Geschichte des untoten Grafen Dracula, der sich aus dem fernen Transsylvanien aufmacht, London zu infiltrieren. Dabei bedient er sich des bereits erwähnten Jonathan Harker, der als eifriger Jurist zunächst pflichtschuldigst Grundstückserwerb und sonstige Rechtsgeschäfte für den vermeintlich normalen Klienten vorbereitet. Für die notwendigen Unterschriften reist er zum Schloss des Grafen und naturgemäß bleibt seiner britischen Aufmerksamkeit das Absonderliche nicht lange verborgen. Da Dracula jedoch dem jungen Mann bereits eine entscheidende Rolle in seinem Plan zugedacht hat, ziehen sich die dunklen Fäden schnell zu einer tödlichen Falle zusammen.
Die Verlobte des unschuldig gefangenen, Mina, verbindet die rumänische Handlung indes mit der britischen. Sie weilt just in jenem kleinen Hafennest, in dem das Schiff mit dem Grafen an Bord, anlandet und erlebt so die ersten unerklärlichen Begebenheiten, denen nur der Leser das Wirken jenes adligen Vampirs zuordnen kann. Aber so lernen wir die restlichen Personen der Handlung kennen. Die beste Freundin Minas, eine reizende junge Dame, namens Lucy, die zwischen drei Bewerbern entscheiden muss und der Liebe den Vorzug gewährt. Der Glückliche heißt Arthur und wird später seinen Vater beerben und Lord Godalming sein. Die beiden abgewiesenen Männer, jener Dr. Seward, ein Nervenarzt mit eigenem Irrenhaus und ein fescher Texaner, bleiben gute Freunde der Damen. Hinzu gesellt sich später noch ein Kollege Dr. Sewans, der inzwischen auch zu Filmruhm gelangte Universalmediziner Van Helsing. Diese illustre Gesellschaft macht sich alsbald auf, Dracula das Handwerk zu legen.
Briefromane sind traditionsgemäß meist romantischen Charakters. Trotz aller sexuellen Duftstoffe, die den blutigen Geruch des Buches überdecken, ist auch „Dracula“ in seiner Seele ein romantisches Buch. In der zeittypischen Schwärmerei für die Frau wird die Gestalt der Mina bis zur Grenze des Frauenbildes beschrieben. So wird ihr Arbeit zugestanden, ja sogar Beteiligung am großen Abenteuer, aber das eine in Form von Sekretärinnentätigkeit und das andere schlussletztlich als Opfer. Jeder Wesenszug führt zu Liebeserklärungen und ein jeder Mann setzt für sie sein Leben aufs Spiel, selbst der große Übeltäter Dracula.
Die religiöse Note des Werkes begründet sich auf die verwendete Hintergrundgeschichte. Warum Vampire auf christliche Symbolik reagieren und auf andere nicht, war nicht Stokers Thema, verwundert uns heute aber schon.
Allerdings hindert es nicht daran, von der ersten bis zur letzten Seite gebannt zu sein, ja selbst ein Absinken des Kreislaufes bei einigen Szenen ist ein schlagender Beweis für einen exquisiten Roman. So wird der arme Leser, wie alle vor ihm, bis auf den letzten Blutstropfen ausgelaugt, um für alle Zeit unsterblicher Fan zu werden.
Dieser Abenteuerroman bündelt wohl am deutlichsten die Theorien der Aufklärung. Fast meinte man
Rousseaus „Emile“ neu zu lesen. Verne bedient sich hier der in den einzelnen Büchern beschriebenen
Phasen der Erziehung. Er lässt die fünfzehn gestrandeten Kinder Erfahrungen aus Beobachtungen sammeln,
Wissen anwenden und weitergeben, durch Arbeitsteilung Erfolg haben, Streit und Arroganz zum Misserfolg führen.
Interessanter Weise greift Verne englische Erziehungsmethoden auf, immerhin stammen die Jungen ja aus einem
britischen Pensionat Neuseelands, das damals noch britische Kronkolonie war. Das englische Bürgertum hatte mit
John Locke (1632 - 1704) einen Erziehungstheoretiker, dessen Lehren zwar zunächst nicht angewandt wurden, die
aber sehr wohl zu den Voraussetzungen von Rousseau und Leibnitz gehörten und so schlussendlich doch Einzug im
britischen Empire hielten, da Locke deutlich englische Befindlichkeiten, besonders in religiöser Richtung, in
seine Schulordnung einfließen ließ, gerade die Wissenserarbeitung durch empirische Forschung geht auf ihn
zurück.
Ein weiterer wichtiger Brite für den ethischen Hintergrund des Romans dürfte der Philosoph Herbert Spencer
(1820 - 1903) sein, der nicht nur den Begriff Survival of the fittest (Überleben des Angepasstesten) prägte
sondern auch dem Freiheitsbegriff jegliche Grenzen nahm aus diese, das nicht in die Freiheit eines anderen Menschen
eingegriffen werden dürfe.
Insofern versucht Verne mit der Insel Chairham nicht nur eine Gesellschaft im Kleinen zu replizieren, er formt auch
ein Stück Utopie, mit der bereits dargestellten Einschränkung, daß der der schwarze Schiffsjunge,
eigentlich als einzig übriggebliebenes Besatzungsmitglied zum Aufseher seiner Passagiere prädestiniert,
aufgrund seiner Hautfarbe und obwohl ein wertvolles Mitglied der Gemeinschaft ist, von den Kindern rechtlich
diskriminiert wird.
So wird die Wahl zum Oberhaupt der kleinen Gemeinschaft Schiffbrüchiger kommentiert mit:
„Wer die meisten Stimmen hatte, war gewählt. Da die Kolonie aus vierzehn Mitgliedern bestand – Moko
als Neger wurde kein Stimmrecht zugestanden -, war gewählt, wer mehr als sieben Stimmen auf sich zu vereinigen
vermochte.“ Außerdem ist er der einzige, der in der Speisekammer und somit allein schläft.
Moko ist ausschließlich Koch, mehr billigt der Autor ihm nicht zu. Vielleicht entsprach er hier auch nur den
gesellschaftlichen Erwartungen seiner Leser, ein Freiheitskämpfer war Jules Verne sicherlich nicht, aber er
befasste sich durchaus kritisch mit dem Aufbau der Welt.
Dazu gibt Verne Vertreter dreier großer Staaten in den sozialen Schmelztiegel. Gordon, der pragmatische und
vermittelnde Amerikaner, die Franzosenbrüder Jacques und Briant, der eine schuld am Unglück und der andere
temperamentvoll und mit ständigem Führungsanspruch und natürlich jede Menge Briten, geführt von
einem sich aristokratisch gebenden Jungen Namens Doniphan. Die große Weltpolitik auf wenigen Hektar Land mitten im
Stillen Ozean.
Und natürlich ist „Zwei Jahre Ferien“ eine urtypische Robinsonade.
So, wie Rousseaus Emile den Robinson Crusoe von Daniel Defoe (1660 – 1731) liest, ist er, bzw. sein reales
Vorbild Alexander Selkirk, den Kindern bei Verne bekannt:
„Verfolgte man nun den Weg von Auckland bis zur Westküste Amerikas, so lag nördlich dieser Linie und
jenseits der Pomotuinseln nichts als die Osterinsel und die Insel Juan Fernandez, auf der Selkirk – Defeos
Robinson – einen Teil seines Lebens zugebracht hatte.“
Zu den späten Werken Jules Vernes gehörend, ist „Zwei Jahre Ferien“ ein tiefgründiger
Jugendroman, der seine Spannung nicht allein aus dem Robinson-Szenario zieht, sondern auch einige Denkanstöße
bereithält, in wie weit man selbst in der Lage ist, einer Gemeinschaft das zurückzugeben, das man von ihr
erhält.
Eigentlich ist die Geschichte ähnlich der in „Die Kinder des Kapitän Grant“. Es gibt einen bösen
Verräter, einen Verschollenen, eine getrennte Familie und den heldenhaften Jungen. Dieser Dick Sand, ein
Fünfzehnjähriger wird zum Kapitän ohne Patent, als die restliche Besatzung seines Walfängers stirbt. Da
die Frau und der Sohn des Eigners, nebst Kinderfrau und zerstreutem Insektenforscher sicher nach Hause zu bringen sind,
übernimmt er die Verantwortung und stellt sich der Aufgabe. Verrat, Schiffbruch und Sklaverei würzen eine
Reisebeschreibung durch den Dschungel Angolas und über die Weite des Ozeans. Ein typischer Jules Verne mit einigen
interessanten Einblicken in die ethischen Anschauungen des Autors.
Dick Sand wird nicht als Kind, sondern als junger Mann dargestellt, was zum Teil auf das tatsächliche Verständnis
für das Ende der Kindheit im 19. Jahrhundert zurückzuführen ist.
Die Alterskategorie der Jugend selbst ist ein Begriff der Aufklärung, es ist die Zeit der Ausbildung, die im 19.
Jahrhundert eine neue Ausrichtung erfährt, so weist das Vernsche Anliegen im Kapitän von 15 Jahren auf die
Bildungstheorien Wilhelm von Humboldts hin.
„Drei Jahre später, als der kleine Jack acht Jahre alt war, wiederholte Dick Sand mit ihm die Lektionen als
gestrenger und eifriger Lehrer. <..>
>> Ja gewiß <<, wiederholte er häufig, >>hätte ich an Bord der >Pilgrim< alles das gewußt, was ein Seemann wissen muß,
wieviel Unglück wäre uns erspart geblieben! <<“
Damit erhält Jack (der Sohn des Eigners) Wissen, deren Nutzen für ihn über die Bedeutung einer Allgemeinbildung
erklärt wird.
„ Während Vetter Benedict so auf seine Weise arbeitete ließ Mrs. Weldon den kleinen Jack auch keineswegs ohne
Beschäftigung: Sie lehrte ihn lesen und schreiben. Von der Rechenkunst brachte ihm Dick Sand die ersten Anfangsgründe
bei.“
Eine Schule im heutigen Sinne gab es ja noch nicht, aber diese Sitzungen an Bord der „Pilgrim“ sind eine Vision der
allgemein bildenden Schule.
Auch der Begriff der Pubertät ist fernab jeder sexuellen Aufklärung als Kennzeichnung einer wichtigen Phase der
Kindheit unbekannt. Insofern war es nicht wichtig, geschlechtsreif, sondern vielmehr im heiratsfähigen Alter zu sein.
Später im wehrpflichtigen. Als Grande Nation brachte die Wehrpflicht dem bevölkerungsreichen Frankreich das
größte stehende Heer Europas. Dick Sand muss hier also sämtliche Fähigkeiten und Talente offenbaren, die einem
männlichen Staatsbürger zur Tugend gereichen. Ungeschliffen, aber bereits vom Kern her ein Juwel.
Eine weitere interessante Beobachtung in diesem Roman betrifft die Rolle der Frau. Mrs. Weldon ist in erster Linie Mutter und
sorgt sich beständig um ihren Sohn Jack, später richten sich ihre Gedanken auf mögliche Gefahren, die ihrem Mann
bei der Lösegeldübergabe widerfahren können. Über ihr eigenes Schicksal macht sie sich keine Gedanken.
Selbstredend, dass sie auch von den brutalsten Verbrechern zuvorkommend behandelt wird. Sie entspricht damit dem Ideal einer
bürgerlichen Frau. Das Verne tatsächlich nur diesen Frauen Unverletzlichkeit und Majestät zubilligt zeigt sich am
deutlichsten in einer kleinen Episode mitten im Dschungel:
„Es ging sogar so weit, daß sie zuweilen haltzumachen gezwungen waren, da auch Mrs. Weldon fast bis zum Knie im Schlamm
versank. Herkules, Bat und Austin wollten ihr alle weiteren Unannehmlichkeiten und Mühsale des Weges durch diese sumpfige
Ebene ersparen, und fertigten eine Trage aus Bambusrohr, auf der sie Platz nehmen mußte.“
Die drei kommen überhaupt nicht auf den Gedanken, für die alte Kinderfrau Nan, eine Schwarze, ebenfalls eine Trage zu
bauen! Jules Verne ist sich seiner Ressentiments gegenüber den Schwarzen vielleicht nicht recht bewusst, immerhin ist der
Roman eine Anklage der Sklaverei, jedoch schreibt er von den fünf schwarzen Schiffsbrüchigen die Dick Sand
unterstützen, stets als Neger, obwohl es doch Amerikaner wie Dick Sand oder Mrs. Weldon sind.
In der Namensgebung wird das noch unterstützt. Sowenig wie Mrs Weldon einen Vornamen besitzt, haben die Schwarzen
Nachnamen. Für die Beschreibung des Waisen Dick ist es dem Autor aber wichtig zu schreiben:
„Den Zunamen Sand erhielt er zur Erinnerung an die Stelle, auf der er gefunden wurde, nämlich an der Spitze von
Sandy- Hook,...“
Die Geschichte spielt 1873, also zu einer Zeit, da jeder frei geborene Amerikaner über Vor- und Zunamen verfügte,
Jules Verne macht hier also kleine, aber feine Unterschiede zwischen Schwarz und Weiß.
Meine Ausgabe des „Ein Kapitän von 15 Jahren“ verfügt über wunderbare Illustrationen von Werner
Ruhner. Sie sind in Grün- und Grautönen koloriert und bebildern die Handlung mit düsteren und sehr detaillierten
Szenen.
Keines der berühmten Meilensteine der phantastischen Literatur ist „Ein Kapitän von 15 Jahren“ aber ein
interessanter und lesenswerter Roman aus der Hand eines großen Routiniers.
Im zweiten Band der Geisterdrachen Serie zieht die Göttin Medoreigtulb bis in die kaiserliche Hauptstadt Gribathan. Nachdem sie die Rasse der Elfen fast vollständig ausgelöscht hat, sucht sie nun nach der Elfenkönigin Gvynlane Keridwen, die in Gribathan Asyl erhielt, um mit ihre finstere Pläne umzusetzen.
Der Elfendruide Frater ist im Auftrag seiner Königin nach Innocenz unterwegs, um Fürst Adulator, auch Kriecher genannt, um Hilfe zu bitten. Ein junger Scaintyst, Clacharc, der für die Unterbringung der Elfenkönigin verantwortlich ist, wird in Intrigen verstrickt und muss plötzlich um sein eigenes Leben kämpfen, während ein Pechstrenger in den Wunden seiner Vergangenheit bohrt und ein Elfengeneral nicht nur in der Liebe scheitert.
Die Hauptperson, Adulator, erhält stets nur soviel Handlungsraum, wie seine Geschichte Bestandteil des Wirkens der anderen Figuren ist. Erst am Ende des Romans werden die einzelnen Beziehungen klar und alles kondensiert auf der Person Kriechers und wird von dieser Figur absorbiert. Wie ein Gemälde werden Schicht um Schicht der verschiedensten Farbtöne auf das Bild Adulators aufgetragen und doch scheint das Werk immer noch nicht vollständig, sind weitere Pigmente notwendig. Adulator ist der mittlere Band der Kriechertrilogie. Kriecher wird wiedergeboren. Er lernt und erkennt. Sein Innen ist noch wund, noch unvollständig. Zwischen Schuld und Sühne muss er wählen, oder erkennen, wie wenig Bedeutungsvolles in seinem Handeln liegt. Im Zentrum der Selbsterkenntnis steht:
"Der Stern ist in der Wirklichkeit, nicht die Wirklichkeit in dem Stern." Auch eine dunkle Figur wie Kriecher braucht ein Konzept, einen Konsens mit seiner Realität.
Marc-Alastor E.-E. arbeitet mit den einzelnen Teilen seines Romans, als seien sie gleichberechtigte Puzzleteile. Das Lesen beginnt daher mit einer Verstörung, die bald einem fiebergleichen Zwang weicht, so faszinierend ist der Stil Marc-Alastors. Jedes Kapitel wird durch einleitende Zitate und einen Titel beschwert, die zu einer Interpretation des Gelesenen zwingen. "Denen man nicht die Herzen in ihre Leiber gelegt" oder "Vom Dreck, Staube und dem Blut an des Reisigen Stiefels Nut" sind die Kapitelkonzentrate, sie stehen auf jeder Seite und bündeln den Blick auf einen dunklen Fokus, halten den Leser fest in einer Stimmung ahnungsvollen Grauens, denn "Adulator" ist Dark Fantasy vom Feinsten. Nicht sosehr mit Brutalität und Gewalt, sondern mit debilem Untergangsschauer und Melancholie.
Dabei unterstreicht die Verwendung altertümlicher Worte, etwa "Fährde", "itzt" oder "sintemal" den legendenhaften Charakter des Romans ohne aber durch lange Verschachtelungen der Sätze unmodern zu wirken, eher im Gegenteil werden hier Worte wiederbelebt, man merkt wie notwendig dem Autor ein großer Wortschatz ist.
Die Geschichten um den Geisterdrachen M′Zaarox erschienen zuerst im Internet, wo sie auch heute noch in breiter Form erweitert und gepflegt werden (www.geisterdrache.de). Erst 2003 gelang es mit dem Blitz-Verlag, eine Buchausgabe als Serie zu veröffentlichen. Leider ist die vorliegende Ausgabe schlecht geschnitten. Zusammen mit dem durchschnittlichen Computercover wirkt das Buch daher wenig professionell. Das Cover ist mit 6 verschiedenen Schrifttypen überladen. Gerade das Serienlogo passt stilistisch überhaupt nicht dazu. Der Buchstabe "d" in Adulator ist nicht als solcher zu erkennen, man ließt eher ein "o". Die Innenillustration von Aran hingegen sind sehr gut und unterstreichen Stimmung und Text mit einer eigenen Interpretation.
Adulator ist keine leichte Kost, dafür aber um so nahrhafter. Dark Fantasy Fans sei der Roman unbedingt ans Herz gelegt, Marc-Alastor E.-E. führt das Genre gekonnt fort, seine Verwendung der deutschen Sprache erweitert es sogar und man kann gespannt sein, welche Wiederentdeckungen in den nächsten Texten enthalten sind.
Sepp Nüsli ist einer der ersten großen Stars im Maddrax-Universum. Sein Auftritt in Heft 8 „Der schlafende König“ wurde von vielen Lesern mit amüsiertem Interesse und zunehmender Begeisterung aufgenommen. Kein Wunder also, das es zu regelmäßigen Nachfragen bezüglich eines Comebacks kam. Da aber Matthew Drax, der Held der Bastei-Heftserie Maddrax und auch niemand der Nebenfiguren in die Nähe des beliebten Spions gelangten, versprach der leitende Redakteur Michael Schönenbröcher, in zukünftigen Hardcovern den Wünschen der Fans gerecht zu werden. Inzwischen taucht Sepp aber auch wieder in der Serie auf und beherrscht Band 121.
„Dämonen aus der Tiefe“ ist nun das lange erwartete Buch mit Sepp Nüsli. Als Autor kam natürlich wie bei den Nüssli-Heften nur Ronald M. Hahn in Frage. Da er als Stammschreiber der Heftserie bis zum Hals im Hintergrund steckt, enthält das Buch alles, was zu einem zünftigen Maddrax-Abenteuer gehört, außer natürlich den Hauptfiguren, die im zeitlich parallelen Heftgeschehen ganz andere Dinge zu tun haben.
Eigentlich ist es eine Liebesgeschichte geworden. Der leicht naive Jüngling Harri von Xanten zieht aus, die schöne Komtess Amelie zu freien und stürzt auf dem Weg zu ihr nicht nur in eine Thronräubergeschichte, sondern auch in die Hände der naturgemäß mausschlauen Jutah und so nehmen Herz und Bolzer (eine Art Pistole) ihren Weg, den natürlich Sepp Nüssli kreuzt um schnellentschlossen mitzumischen.
Ronald M. Hahn schöpft aus dem Vollen. Da wird das Schicksal der katholischen Kirche beleuchtet, deren Oberhaupt gerne mal in alten Jimmy Trash (!) Büchern schmökert, mit den Yulaki führt er eine neue Monsterart ein, es tauchen ungeahnte Mutantenkräfte bei Menschen auf und es wird ein großes Fenster zum halbfeudalen Leben im Tal der Wuppoh (bekannt durch die Reste einer Hochbahn) aufgetan. Die Geschichte ist schnell und pointiert erzählt, der Höhepunkt, eine hin und her wogende Befreiungsaktion, gleicht einer alten Stummfilmkomödie und man hat seine Freude am Herumstolpern der Figuren. Der beinharte Agent und Bote Sepp leistet dabei Unmögliches und wird damit jeden Fan begeistern.
Die Bösen sind gar nicht so richtig böse, um so lieber natürlich die Guten und es sterben auch die Richtigen.
Der Zaubermond Verlag bringt die Maddrax-Hardcover in einem einheitlichen Look heraus. Der Einband selbst ist kohlrabenschwarz, der braune Schutzumschlag wird durch ein zum Buch passendes Cover von Kovecs veredelt, das thematisch zum Inhalt des Romans stimmt, jedoch keinen Hinweis auf den humorigen Charakter des Werkes gibt.
Das Buch ist eine vergnügliche und spannende Lektüre, auch für Maddrax-Unkundige leicht lesbar, alle Genrebegriffe werden erklärt, der Kontext zur Heftserie hat einen kleinen, aber angemessenen Platz und zu keiner Zeit behindert Technoblabbel das Verständnis.
Folgt man den kulinarischen Betrachtungen des Herrn Wolf bekommt man ohne Zweifel einen Riesenappetit und das Gefühl, sich im Eheleben der Wolfs auszukennen. Die nur versteckt und stets indirekt eingestreuten Bemerkungen von Frau Wolf versehen die Autorin mit einer eigenartigen Schroffheit und es steht zu vermuten, dass sie hier durchaus nicht nur ihren Mann spitzbübisch beobachtet hat, so der Text tatsächlich von genau jenen Herrn und Frau Wolf erzählt. Herr Wolf jedenfalls macht sich Gedanken um die angemessene Bewirtung seiner Gäste, die in nicht ganz so naher Zukunft zum Essen angemeldet sind. Es wird zu einem Zwiegespräch zwischen ihm und seinen Magen, nur hin und wieder in die trübe Realität von BSE und anderen Skandalen durch die bereits erwähnten Einschübe seiner Frau zurückgeholt. Dabei werden gerade diese Themen, sowie Verbindungen bis weit in die Vergangenheit des Paares, ordentlich angeschnitten und feingewürzt als Zutaten gereicht. Das Essen, mit all seinen Änderungen und Anpassungen an die Lebensumstände, wird von Herrn Wolf mit Genuss in Gedanken zubereitet, es ist eine unerschöpfliche Inspiration. Dabei sind die Gäste nur willkommener Anlass für ihn davon zu schwärmen und für sie über ihn zu schreiben. Denn eigentlich ist der kleine Text eine wunderschöne Liebeserklärung von Frau Wolf an ihren Mann. Das großformatige Bändchen erschien bei Gerhard Wolf Janus press und enthält neben dem Coverbild sechs weitere Radierungen von Horst Hussel. Sie sind voller Details, wie die im Text beschriebenen Gerichte, und in einem flüchtigen, skizzenhaften Stil ausgeführt, deren zentrales Element eine sehr lebendig wirkende Gabel zu sein scheint. Mit Herrn Wolf zu warten, ist ein Vergnügen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Essen endet und nicht zu vergessen: Liebe geht durch den Magen.
Das Familie Next ihre Tochter Thursday nennt, mag befremden. Aber dieses wohlige Befremden hält den Leser bis zum Schluss
gefangen. Für alternative Welten gibt es viele Möglichkeiten, ja selbst die Reise in ein Buch war schon da, aber der
Walise Fforde zückt mit seinem Roman gleich mehrere Tricks aus der Westentasche um es gehörig knallen zu lassen.
Die Geschichte handelt von der jungen Agentin Thursday Next, die bei einer Spezialabteilung der Polizei arbeitet und sich intensiv
mit Literaturfälschungen beschäftigt, denn Next lebt in einer Welt, in der Literatur wirklich wichtig ist.
Die Leute lesen und kaufen, was das Zeug hält und so ist es nicht verwunderlich, dass fiese Schurken zu rabiaten Mitteln
greifen. So nutzt der Drittübelste von allen eine nette Gelegenheit und entführt erst das Manuskript von „Martin
Chuzzlewit“ und dann natürlich auch das titelbestimmende „Jane Eyre“ von Charlotte Brontë.
Next ist die Nächstbeste dieses böse Spiel zu beenden. Und so erfahren wir vom Krimkrieg, von einer deutschen Besetzung
Englands, von der walisischen Volksrepublik und natürlich die abschließende Antwort auf die Frage nach der Urheberschaft
shakespearescher Werke.
Wie Terry Pratchett in seinen besten Scheibenwelt-Romanen, ist es kaum möglich alle Pointen und Albernheiten zu inhalieren
oder nachzuerzählen. Selbst wenn man nur rudimentäre Ahnungen von britischer Literatur besitzt, wird man nicht allein
gelassen mit den vielen Anspielungen auf die großen Werke, deren Essenz durch den Roman wogt. Selbstironisch wird sogar die
offensichtliche Parallelität zwischen Jane Eyre und ihrem Fall dem bereits nachdenklichen Leser offenbart. Die Sprache ist
klar und effektvoll, jeder Figur angepasst, eine Reporterin redet BBC-like und der Schurke gibt das intelligente Genie im Stile
Sherlock Holmes.
Jasper Ffordes Erstling erschien 2001 und in Großbritannien ist „The Eyre Affair“ ein Riesenerfolg. Erstaunlich, wie lange
eine deutsche Veröffentlichung dauerte. Erst in diesem Jahr brachte dtv das Werk in einer überzeugenden Übersetzung
von Lorenz Stern heraus und ist nun sogar schon in der Zweitauflage im Handel.
Der Deutsche Taschenbuch Verlag gönnte dem Buch ein Auftauchen in der „premium“-Ausgabe, die mit leuchtendem Rot und mit einer
kleinen Zeichnung Thornfields sehr gut aussieht und überhaupt nicht auf einen amüsanten Band Science Fiction
schließen lässt. Aber es würde nicht verwundern wenn nun auch „Sturmhöhe“, Martin Chuzzlewit“ und
natürlich „Jane Eyre“ neue Verkaufserfolge erzielten.
Zumindest bis Ende des Jahres Band 2 in den deutschen Läden liegt.
Der Fall Jane Eyre ist ein großes Amüsements, ein Buch zum Immerwiederlesen und ein hochprozentiger Cocktail der
zu einer ausgelassenen Mahlzeit anregt.
Andymon - welch bedeutungsvoller Name. Ein Hauch von Pathos und Liebe umweht ihn.
Ein Roman, der meine Jugend bewohnt. Der Science-Fiction Roman überhaupt, damals.
Ich war verliebt in Gamma und wollte jahrelang meine Tochter nach ihr benennen. Mein Selbstbild ist vielleicht sogar heute
noch von Beth geprägt. Dieser Roman bedeutete für mich Träumen und Lieben und vor allem Gewissheit, dass es
eine gute Zukunft gibt. Da kannte ich "1984" und "Brazil" noch nicht.
Der Shayol-Verlag gibt die Werke der Steinmüllers in Einzelausgaben heraus. Andymon ist Band 2. Schade, dass es nicht zu
einer gebundenen Ausgabe gereicht hat, verdient wäre es gewesen, zumal der Preis des Taschenbuches mit 14,90 EUR sehr
hoch ist. Meine holzpapierne Erstausgabe von 1982 kostete 5,80 M (der DDR).
Diese hat auch das schönere Cover, die Silhouette eines männlichen Kopfes, in dem ein Planet schwebt, ist wohl das
erste "moderne" Kunstwerk, das ich mir genauer ansah. Damit kann das Cover der Neu-Ausgabe nicht mithalten. Das Bild einer
Materiewolke auf Wolkenhintergrund erinnert an eine Stern-Reportage.
Aber das Buch!
Die Geschichte um das Entstehen von Menschen auf einem Raumschiff, ohne Eltern, nur von Maschinen ausgebildet, getröstet,
belehrt, die sich aufmachen den von unbekannten Erbauern des Schiffes ausgewählten Planeten zu besiedeln. Eine
Gemeinschaft von Geschwistern, immer in Achtergruppen, mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Ansichten, bilden den
Grundstock einer utopischen Gemeinschaft, die vielleicht nur funktioniert, aber in erster Linie dabei sein lässt.
Zum wiederholten Male reparierte ich schamvoll Guro, landete mit Alfa auf der Insel, trauerte ich um Delth, überraschte
mich die 4. Gruppe, wurden meine Pläne vom Schiffbau sabotiert und natürlich ist immer wieder Gamma dabei.
Sogar mehr als früher, denn der Roman wurde sorgfältig überarbeitet. So kann Gamma an Beth angelehnt nach den
gelöschten Daten forschen, wird das Luftpolster zum Airbag und erst beim gezielten Nachlesen erkennt man die feinen
Änderungen. Dadurch bleibt der Roman auch heute lebendig, frisch und visionär ohne mit Fernsehkameras und
Schaltungen altmodisch zu wirken.
Heute lese ich die Szenen mit Resth anders. Bespitzelung und Diktatur waren mir als Jugendlicher fremd, ich lebte ja nicht im
Westen, sondern in der DDR. Dass einige Dinge andersherum liefen, zeigte Andymon nicht, aber es ist enthalten. "Wir bauen Dir
später mal ein Mausoleum" stand 1982 schon drin und der Anhang zeigt auf, warum es dort stehen konnte.
Als ich las, das dem Werk ein Nachwort angefügt wurde, stieg in mir die Erwartung, natürlich wollte ich wissen, wie
dieses Buch in der DDR erscheinen konnte, das doch so anders war, als Tuschel, Kröger und Frühauf. Meine Neugierde
wurde befriedigt, zum Teil Bekanntes aus ihrem Buch "Vorgriff auf das Lichte Morgen" aufgegriffen, aber es rundet diese
Werkausgabe mehr als würdig ab.
ü
Andymon bleibt eines meiner Lieblingsbücher. Und von einem Jugendabenteuer wird es zu einer Lebensbegleitung, auch wenn
keiner meiner Söhne nach einem griechischen Buchstaben benannt wurde.
Vivat Andymon!
Beim Wühlen im Krabbeltisch lag dieses Buch plötzlich in meiner Hand. Als Autor der gruseligen
Totalitarismusvision „1984“ und der nicht minder erschreckenden Fabel „Farm der Tiere“ war er mir
bekannt und so dachte ich für 2,95 € nichts falsch machen zu können.
Das Buch von Diogenes lebt von einem grandiosen Trick der Herausgeber. Nach einem einleitenden Essay „Warum ich
schreibe“ beginnt es mit Erzählungen, die genau jene Beispiele liefern, die in den nachfolgenden Essays
benötigt werden, um Orwells Argumentation verstehen zu können.
„Einen Mann hängen“ scheint autobiographisch zu sein. Orwell war selbst Polizist in Burma. Er reflektiert zwar
das Sinnentstellte der Hinrichtung, bleibt aber in jeder Hinsicht textlich neutral, sie wird beschrieben, als Zeugnis
festgehalten. Orwell verurteilt nicht, dennoch weiß man nach dem Lesen, das er die Zerstörung von Leben und die Art der
Gerichtsbarkeit, wie sie in Burma praktiziert wurde, ablehnt. In „Warum schreibe ich“ stellt er seine Ansicht
heraus, wonach jeder Autor politisch ist, seine Texte können es nie verleugnen. In Henry Millers „Wendekreis des
Krebses“ sieht Orwell denn auch nicht hauptsächlich eine politische Stellungnahme, sondern das Darlegen politischer
Symptome. Das gesamte Essay „Im Innern des Wals“ ist überaus interessant. Man erfährt unendlich viel
über die literarische Szene der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. T.S.Elliot, Huxley, Joyce – sie werden in
einen literarischen und geschichtlichen Kontext gebracht, der gerade deshalb so spannend ist, weil hier ein Autor und kein
Historiker oder Anglist redet. Orwell verliert nie die textliche Seite der betrachteten Autoren aus den Augen, er beweist seine
Ansichten sehr oft am Werk.
Seine Lyriksicht ist inspirierend. Tatsächlich hat er recht mit seiner These der guten schlechten Gedichte. Mag ein
Gedicht vielleicht auch ein grässliches Machwerk sein, so kann es doch eine einzigartige Sicht auf die Welt enthalten und
damit wichtig sein.
Dieser Auftrag, Leben und Zeit aufzubewahren, durchzieht die hier versammelten Erzählungen.
„Einen Elefanten erschießen“ beschreibt britisches Kolonialleben in Burma mit der Erkenntnis, dass die
Kolonialmacht gar nicht herrscht. So wenig wie Orwell, auch hier ist der Text wohl autobiographisch, vor der in Erwartung des
Schusses versammelten Bevölkerung, den inzwischen friedlichen Elefanten verschonen kann, genau so wenig kann sich die
britische Verwaltung einer wirklichen Kontrolle rühmen. Ähnliche Gedanken kommen in „Marakesch“ vor. Das
die schwarze Armee, von wenigen weißen Offizieren angeführt, die Kanonen nicht einfach umdreht, wird als Geheimnis der Weißen
offenbart. Da sie es nicht ewig bewahren werden können, erkennt Orwell auch hier die eigentliche Macht in den Händen
der Bevölkerung. Der expansive Imperialismus ist für Orwell bereits gescheitert. Im Angesicht der Entwicklung in
Deutschland und in Italien macht er sich sogar Gedanken um eine Literatur in totalitären Systemen. „1984“
scheint schon in ihm zu arbeiten.
Der Blick auf die deutsche und russische Geschichte ist derartig abgeklärt und informativ, dass ich mich schon frage, wie
wahr die Vision der Geschichtsfälschung aus „1984“ in der DDR tatsächlich geworden war. Seine Analyse von
Spanienkrieg und englischem Kommunismus ist in ihrer Neuheit erschreckend, aber dann doch in Summe mit dem heutigen Wissen
glaubwürdig.
Ähnlich verhält es sich bei seiner schonungslosen Beschäftigung mit Mark Twain („Mark Twain – Der
amtliche Hofnarr“), Rudyard Kipling und H.G.Wells („Wels, Hitler und der Weltstaat“). Auch hier ohne eine
Verurteilung, wirft er für mich völlig neue Fakten und Sichtweisen auf, die mein Bild besonders Mark Twains,
verändert haben.
Bleibt noch zu erwähnen, dass die beiden anderen Erzählungen „Hopfenpflücken“ und „In einem
Bergwerk“ eine faszinierende Lektüre darstellen. Sie liegen eigentlich stilistisch viel näher an einer
Reportage, als an erzählender Prosa.
Ich habe Orwell als einen erstklassigen Beobachter und Analysten kennengelernt, welch Schatz aus der Krabbelbox!
Es gibt Bücher, deren Ausliegen im Buchladen kaum fassbar scheinen. Plötzlich fällt der Blick auf ein Cover.
Die Worte Foster und Homanx sowie ein unbekannter Titel sorgten für ausreichende Überraschung und Vorfreude.
Das der Altmeister ins Homanx-Universum zurückkehrt ist wirklich sehr erfreulich, zählen die darin bisher
veröffentlichten Geschichten für mich doch zu den spannendsten Science Fiction Werken. Die denkenden Wälder
gehört sogar zu meinen Lieblingsbüchern.
Foster beschreibt eine Erstkontaktsituation auf privater Ebene. Der Dichter und der Mörder treffen aufeinander und lernen
über Faszination und Abscheu hinaus, den Anderen als Persönlichkeit zu begreifen, wie groß diese Andersartigkeit auch
ist.
Dabei folgt Foster den beiden Protagonisten eine ganze Weile durch ihr Leben, bevor er sie aufeinandertreffen lässt.
Dadurch erreicht er eine immer stärke Bindung des Lesers an seine Figuren. Die Innensicht wechselt häufig mitten im
Satz, fast symbiotisch, wenn die beiden erst einmal zusammen durch den Regenwald ziehen.
Das Buch fügt sich leicht in den Gesamtzyklus ein, erklärt vieles und macht jede Menge Spaß beim Lesen. Gedichte
werden zum entscheidenden Werkzeug der Freundschaft - welch schöne Vision.
Nicht zu vergessen natürlich die Momente der Rührung, die einen echt amerikanischen Schluss begleiten.
Eine wirklich angenehme Sommerüberraschung!
Das Gefühl beim Lesen von SF, alles ist schon einmal dagewesen, wird nach der Lektüre des
Sternenschöpfers beinahe zur Gewissheit.
Hier werden so viele Konzepte kreiert, so viele ungaubliche Welten beschrieben, dass kaum noch Platz
für Anderes zu sein scheint.
Der Sternenschöpfer ist eher ein philosophisches Werk, eine Herausforderung für
Ungeschulte.
Allein schon ein Wort wie Ideosynkrasie lässt sich hier am Ostseestrand nicht nachschlagen,
jedoch, je weiter die Reise zum Sternenschöpfer voranschreitet, je mehr man von Stapeldons
Entzücken über das Sein erfährt, desto euphorischer wird das Lesen, wird es zum
exquisiten Zubrot der Erholung.
Und ist der Sand nicht so unzählbar, wie die Sterne?
Kann man als Erbauer stolzer Burgen aus Sand und Muscheln den Sternenschöpfer nicht verstehen,
wenn er immer komplexere Kosmen ersinnt?
Stapeldon schafft es, in zwei Seiten die Geschichte einer ganzen Spezies zu erzählen, und dies
einprägsamer, als viele dicke Space Operas es nur versuchen, ohne es zu vollbringen.
Gäbe es ein Lehrbuch für angehende SF-Autoren, es würde
Der Sternenschöpfer heißen!
Und immer noch zieht Leandra auf Drachenschwingen durch die bedrohte Höhlenwelt um aller Leben zu retten.
Band 3 der Höhlenweltsaga ist der bisher komplexeste. Der Hintergrund ist wunderbar weit gefasst und wird in verschiedenen
Handlungsfäden zu einem engmaschigen Netz verwoben. Die Figuren erhalten deutlich mehr Leben als in den Vorbänden,
was vor allem daran liegt, dass sie nun eine Historie haben, durch die sie sich auch dem Leser gegenüber deutlicher
identifizieren. Die noch in Teil 2 eher dünne Erklärung für Chast’s Handeln erfährt nun eine Relativierung,
da im Dunklen Pakt klargestellt wird, wie gering seine Rolle im seit Unzeiten tobenden Ringen mit den Drakken eigentlich ist.
Die Handlung läuft durch die vielen, aber überschaubaren Haupt- und Nebenfiguren mit genau jener würzigen Prise
an Überraschungen, die es zu einer Freude machen, die 700 Seiten zu verschlingen.
Da Teil 3 immer noch kein Ende bringt, wird die Bestellung des Nachfolgers nur eine Frage der Zeit sein.
Eine Reise um die Erde ist vollendet, der verschollene Vater konnte seine Kinder in die Arme schließen, die ihm aller
Widrigkeiten zum Trotz, bis auf die einsame Insel Tabor folgten.
Diese Kinder sind Robert und Mary. Als der Vater aufbrach, mit seinem Schiff einen geeigneten Ort für eine schottische Kolonie
zu suchen, musste die Tochter die Erziehung des Bruders übernehmen, eine Mutterrolle ausfüllen, die ihre Jugend abrupt
beendete, was aber durchaus von einem Mädchen im 19. Jh. erwartet und von Verne als löbliche Pflicht beschrieben
wird.
"Er musste erzogen werden, musste lernen. Mit Hilfe einiger Ersparnisse, durch ihre Fürsorge und Klugheit und dadurch, dass
sie Tag und Nacht arbeitete, dem Bruder alles gab und sich selbst alles versagte, gelang es ihr, seine Erziehung zu vollenden
und weiter tapfer ihre Pflichten zu erfüllen.(..) Mary dachte nur an ihren Bruder und erträumte für ihn eine
glückliche Zukunft."
So vollendet sich ihr Schicksal im Buch auch in einer mustergültigen Weise. Zur Freundin einer Adligen und zur Frau eines
Kapitäns erkoren, wird Mary zur Frau.
"Du wirst auf Schloss Malcolm bleiben und wie Lady Helenas eigene Tochter gehalten werden! (...) Du wirst dort ein Heim haben,
du wirst mit Lady Helena von unserem Vater sprechen können und wirst abwarten, bis wir, John und ich, eines Tages mit
unserem Vater zu dir heimkehren werden!"
Auch wenn in Vernes Frauenbild die Verehrung des Kavaliers ein wesentlicher Aspekt ist, so haben diese vergötterten Wesen
immer nur eine Statistenrolle. Sie erhöhen den Mut der sie begleitenden Männer und geben selbst im australischen Busch ein
Zeichen der zivilisatorischen Qualität, wenn sie ihre Begleiter zu ernsthaften Gesprächen in der Kabine ihres
Ochsenkarrens empfangen. Eine Vorstellung, die uns heute skurril erscheint, da es uns an Romanen mit weiblichen Kämpfern
nicht mangelt.
So ganz anders darf der Junge Robert seine Kindheit verbringen. In darf das Abenteuer verlocken. Er rettet der Gesellschaft
mehrmals das Leben, lernt reiten, trägt durch erfolgreiche Jagdbeteiligung zur Verköstigung bei und schließlich darf
er seinen Beruf frei wählen: Seemann wie sein Vater.
Hier kommt natürlich der Kindheitstraum Jules Vernes durch, dessen Biographie zu entnehmen ist, wie gern er selbst in
seiner Jugend zur See gefahren wäre, es aber nicht durfte.
Somit wird Robert mit all jenen Dingen konfrontiert, von denen ein Junge nur träumen kann. Sein Leben ist um vieles
freier, er trifft Entscheidungen und sein Handeln ist selbstverantwortet.
Trotz bürgerlicher Herkunft gibt Verne seinem Jungen einen adligen Mentor. Die von ihm als ehrenhaft empfundene
Grundhaltung, die bürgerlichen Ideale, scheinen ihm hinter den Türen von Schlössern und Burgen wohlbehütet.
Hier steckt der ethische Kern der Erziehung der ergänzt wird durch einen unbedingten Fortschrittsdrang. Der immens
gebildete Geograph Paganel, natürlich Franzose, der zum wissenschaftlichen Führer durch die Welt des Romans wird,
vermittelt eine umfassende Gebildetheit, von deren Nützlichkeit die Reisegruppe stark profitiert.
Das etwa die Frauen, oder die beiden einfachen Matrosen der Duncan an Roberts Erziehung während der Reise teilhaben,
wird nicht erwähnt.
Die Kinder des Kapitän Grant sind ein Paradebeispiel für ein spannendes Abenteuerbuch, das sich in seiner Zeit bewegt,
aber auch heute noch vergnügliche Stunden beschert.
:Es könnte so einfach sein. Eltern verstünden ihre Kinder, Partner könnten Beziehungskrisen überwinden und die Weltwirtschaft böte den Anblick immer blühender Landschaften.
Wenn Dork Tower endlich anerkannte Therapie werden würde.
Der Typ kennt mich gar nicht, oder? Aber warum schreibt er über mich?
Zugegeben, die Strips in diesem Sammelband sind zum größten Teil nur dann wirklich lustig, wenn man INsider ist.
Ob Star Wars, Herr der Ringe, oder D20 - ohne Hintergrundwissen verschließen sich die meisten Pointen.
Um dem etwas entgegen zu wirken, beginnt der Sammelband mit "Understanding Gamers", einem mehr als nur lehrreichen Einblick in die Tiefenpsyche von Freaks und Fans.
Wer diese ersten zwanzig Seiten studiert hat, dem sind die schwersten Hürden für die restlichen 70 Seiten genommen. Da die deutsche Übersetzung eine dezente Lokalisierung beinhaltet, muss man sich auch nicht mit amerikanischen Insider-Gags in unüberschaubarer Menge herumschlagen. So wird der Nachrichtensender zu n-tv und neben Nasdaq gibt es den Dax. Für wen Vanessa Dreckmann steht? Egal!
Die Schwarz-Weiß Versionen der Stripes werden nur da schlecht, wo Fotos enthalten sind, vielleicht hätte man sich doch für einen kleinen Farbteil entscheiden sollen, um zumindest Whil Wheaton nicht noch mehr zu entstellen.
Neben Rollenspielen, Tabletop, DVDs und Kinofilmen erzählen die Comics vom Leben. Soweit es ein solches jenseits von "Mordcon" und "Spongebob Schwammkopf" überhaupt gibt. Der kleine Fanboy lebt in einer surrealen Welt, Prügelknabe der Nation, verarmt, gesellig und modern. Eine Identifikationsfigur, jenseits der selbstzweifelnden Superhelden, die wenn sie überhaupt etwas sammeln, dann Niederlagen anhäufen, quasi in der Collectors Edition.
Ein spaßiger Sammelband für all jene, die über sich selbst lachen können und es mit Lust tun.
Ach ja: Vanessa Dreckmann moderiert seit Januar 2004 Gute Reise TV auf DW-TV.
Hossa!
Gegen den Trend einer Flut mehrbändiger und tausendseitiger Fantasy-Epen, erscheint im Wurdack Verlag diese Geschichte aus dem Demonwright Universum.
In ihr geht es um eine Gemeinschaft von vier jungen Menschen, die aus einer faszinierenden Kultur stammen. Bereits in jungen Jahren werden die Aronnd zu einer Quad genannten Vierer-Gruppe zusammengeschlossen, die ein einer eheähnlichen Verbindung aufwächst und so bis zum Tod eines ihrer Mitglieder bestehen bleibt.
Die Aufgabe der vier Aronnd ist es, dem Verbannten Ricourd einen Auftrag der weisen Männer ihres Volkes zu überbringen. Gemeinsam mit ihm machen sie sich auf, eine unbekannte Mission zu erfüllen, denn ihr neuer Führer, schweigt beharrlich auf alle Fragen der Vier zum Ziel ihrer Reise.
Dort werden sie nicht nur ihr eigenes Schicksal verändert vorfinden, auch Ricourd muss sich einer unvergessenen Vergangenheit stellen und seine Pläne für die Zukunft zerbrochen sehen.
Eine große Rolle spielt auch der junge Lehrling Ricourds, Kordan. Ihn wird das Abenteuer zwingen, erwachsen zu werden.
Ansonsten enthält die Geschichte alle wichtigen Elemente einer zünftigen Fantasy-Erzählung.
Magie, Monster, Piraten, alte Geheimnisse, Liebe und Verrat, Heldentum und Tod.
Das alles wird geradlinig dargeboten. Die Handlung bleibt stets überschaubar, geht zügig voran und weist keinerlei Stellen der Langeweile auf.
Besonders in der Charakterisierung der Handlungsträger offenbart sich eine ungewohnte Stilsicherheit. Keine der Figuren erscheint plakativ oder austauschbar, innerhalb ihrer eigenen Persönlichkeit sind sie passend beschrieben und bleiben in sich schlüssig. Dadurch hat man auch keine Schwierigkeit zu verstehen, warum und wie sie handeln.
Für die Rezension lagen mir nur die Druckfahnen vor, aber das Aussehen wird einem Fantasy-Buch gerecht. Die graphisch aufwendigen Kapitälchen zu Kapitelbeginn sind nicht nur etwas für Liebhaber, sie offenbaren auch eine Begeisterung des Verlegers für eine genregerechte Präsentation. Die Coverszene konnte ich jedoch keinem Teil des Buches zuordnen, es gäbe einiges, das ich als Gemälde gerne auf der Front des Buches gesehen hätte.
Gerade die Kultur der Aronnds hat mir sehr gefallen. Da der Rest der Geschichte eine normale Fantasy-Geschichte darstellt, ist die Quad das Besondere an ihr und man wünscht sich noch mehr über diese erstaunliche Lebensweise zu erfahren.
Von Armin Rößler stammt auch die meiner Meinung nach beste Geschichte aus der Anthologie Future World - Menschenjäger.
Eine spannende und kurzweilige Lektüre für Fans von Liebhabern gemacht.
Das Universum besteht aus drei Bereichen. Das Langsam ist der Bereich, in dem die normalen Naturgesetze gelten, Computer
nicht besonders intelligent sein können und die Lichtgeschwindigkeit die Grenzen der Raumfahrt festlegt. Darüber liegt
das Jenseits. Vielfache Lichtgeschwindigkeit, riesige Datennetze und intelligente Computer sind hier anzutreffen. Die oberste
Schicht stellt das Transenz dar, Aufenthaltsort höherer, transzendierter Mächte und unverstellbarer technischer
Möglichkeiten.
Die Menschheit hat das Langsam schon vor Äonen verlassen und zahlreiche Kolonien im Jenseits gegründet. Eine davon
findet ein altes Datenarchiv aus dem Transenz und experimentiert damit herum. Dabei wird eine alte Macht wiederbelebt, die
sofort beginnt sich auszubreiten und sich mit nichts weniger zufrieden zu geben scheint, als dem Untergang der bisherigen
Ordnung.
Das Archiv beherbergte allerdings auch das Gegenmittel gegen diese Pest. Knapp gelingt es der Forschungsgruppe mit diesem Mittel
zu fliehen und unbemerkt in den untersten Winkel des Jenseits zu flüchten. Auf einem Planeten gestrandet, dessen Bewohner
nur in Rudeln bis maximal Acht Gliedern intelligent sind, beginnt ein für die zwei überlebenden Kinder ein beschwerlicher
Überlebenskampf.
Gleichzeitig startet eine Rettungsaktion zum Grund des Jenseits um das Gegenmittel zu bergen und den Kampf gegen die Pest
aufzunehmen.
Vernor Vinge hat mit dem Konzept der Zonen des Denkens eine ebenso erstaunliche wie phantastische Idee für die Konstruktion des
Kosmos entwickelt. Die Aufteilung in verschiedene Erreichbarkeitsstufen der technischen und intellektuellen Entwicklung
ermöglicht eine spannende Space-Opera, die durch ihre so geschaffenen Gesetze aus einer recht einfachen Rettungsaktion eine
epische Odyssee macht. Die Figuren agieren zwischen der Enge gesellschaftlicher Strukturen und individueller
Selbstbestimmung.
So lernt gerade der kleine Menschenjunge Jefri in einer Umwelt aus Lüge und Täuschung, die Bedeutung von Freundschaft
und nähert sich so wesentlich gründlicher einem symbiotischen Verständnis zu den Rudelwesen, als es seiner
älteren Schwester Johanna möglich ist, die mit dem Verstand erkennen muss, wie die fremdartige Gesellschaft
funktioniert.
Die Rettungsmission selbst, die Crew des Raumschiffes Außer der Reihe 2, findet sich und zerbricht, liebt und hasst sich, eine
Schlacht in der Schlacht wird an Bord geschlagen.
Die Figuren sind zu jeder Zeit authentisch, selbst wenn sie Topfpflanzen auf Rädern darstellen. Dazu kommt noch eine
plastische Akzentuierung des gewaltigen Hintergrundes durch lesenswerte Emails, die das Buch mit klugen und verwirrenden
Meinungen begleiten und der Handlung immer wieder entscheidende Aspekte aufwerfen, die sich der Leser aber selbst erarbeiten
muss.
Vinge hat seine Charaktere und die Story jederzeit fest im Griff. Seine Sprache ist vielseitig und stets dem Umfeld angepasst.
Eine gelungene Zugabe zur Neuausgabe ist das Nachwort des Autors. Es rundet die Lektüre auf eine charmante und interessante
Weise ab, als Leser erhält man einen genaueren Einblick in die Intentionen Vinges und der Hinweis, das er an eine
Einteilung des Kosmos in Zonen des Denkens dann aber doch nicht glaubt, macht den Autor sehr sympathisch.
Heyne hat dem Buch ein neutrales und kühles Design gegönnt, das den Anspruch des Werbetextes, es handle sich um eines
der einflussreichsten SF-Bücher der letzten Jahre, gerecht wird und das zu einem fairen Preis von 14 Euro.
Was kann man mehr von ein er Space-Opera erwarten, als sich am Ende des Buches zu wünschen, es gäbe eine Fortsetzung?
Ein Feuer auf der Tiefe ist gerade erst entfacht worden und es brennt wohl noch lange...
Kerraii ist eine junge Wylden-Elfin, die von Nekromanten entführt wird und dazu gezwungen wird, als Assasine für einen mächtigen Nekromanten zu dienen. Als das nekromantische Reich mit Überfällen versucht, das benachbarte Land zu erobern, gerät sie in Gefangenschaft. Doch weder Sklavenarbeit noch Gefängnis kann die junge Elfin brechen. Sie kommt hinter die Umstände ihrer Entführung und findet ihren eigenen Weg.
Das Buch ist eine nette Sammlung tiefblickender Einzelheiten aus der Mage Knight-Welt. Das ausgefeilte Regelsystem des Miniaturenspieles wird besonders in den Kämpfen sichtbar.
Durch Warhammer geschult, fällt eine genaue Zauberspruchbeschreibung und Stufen bei den Magiern sofort ins Auge.
Neben einer recht unspektakulären Handlung ohne Überraschungen und Höhepunkten, erlangen die Figuren keine wirkliche Tiefe. Alles wirkt gediegen. Warum der böse Sarnen der erpressten Loyalität Kerraiis vertraut, wodurch diese überhaupt acht Jahre Dressur abschütteln konnte, wird nicht klar.
Die Dunkle Schuld ist ein einfaches Fantasy-Abenteuer, das einen Preis von 9 Euro nicht wert ist.
In der Edition Ponte Novu erschien als Book on Demand eine wunderbare SF-Anthologie die sich mit den Auswirkungen der
Gentechnologie beschäftigt. Das Niveau der Erzählungen ist erstaunlich hoch und die Auswahl kann man wegen ihrer
Unterschiedlichkeit wirklich als gelungen bezeichnen.
Doc Wiley: Visionen der Hanfforschung von Markus Ridder liest sich als eine Reminiszenz an Ernest Hemingway. Der Erzählstil
ist herrlich stimmungsvoll und macht aus der recht einfachen Industrieverschwörungsgeschichte ein lebhaftes Kammerspiel.
Cluster Eins von Thomas Kurth stellt die Realität auf den Kopf und das mit einem sehr packenden Sinn für das reale
Leben. Die Zeichnung der beiden Figuren Paul und Bob sind sehr einprägsam und überzeugend.
Letzter Held von Oliver Stahmann ist eine klassische Distopie, die in der Form eines Interviews sehr plastisch dargeboten
wird.
In Du Wesen Ich von Rose Eden wird ein Blick auf das Verhältnis zum eigenen Klon geworfen. Ist ein Ersatzteilspender ein
Lebewesen mit den gleichen Rechten? Die Geschichte wird leidenschaftlich erzählt und hält dem Leser keine Antworten
unter die Nase, die muss man selbst finden.
Uriel von Michael Schmidt erzählt ebenfalls von einem Klon. Die spannende Jagd um Identität und einem Platz im Leben
endet positiv, also im Sinne eines Versagens der Gentechnik.
Miriam erwacht von Christian Savoy ist eine schaurige kleine Geschichte über den Missbrauch von Klonen für die
Forschung. Eine sehr überzeugende Darstellung.
Auch in Das Opfer von Jens Behn geht es um Menschenexperimente. Der Verlust von Menschlichkeit trifft Täter und Opfer hier
gleichermaßen. Die düstere Atmosphäre durchzieht den Text bis zu seinem tragischen Ende.
Tuning von Rüdiger Bartsch ist fast eine kleine Alltagssatire, mit einem bösen Blick in die Zukunft, aber dennoch ein
humoristischer Lichtblick in der Mitte des Buches.
Oleade von Bettina Licht kommt weniger negativ daher, eigentlich ist es sogar eine Liebesgeschichte. Das nebenbei eine neue
Weltenergieordnung konstruiert wird, macht die Geschichte zudem zu einem recht interessanten Aspekt der Anthologie.
Ein Feldversuch von Barbara Jung ist ein Höhepunkt des Buches. Diese kleine Erzählung skizziert mit wunderschönen
Bildern und klaren Worten eine komplizierte Beziehung, ein Verbrechen und eine mystische Verbindung. Die Gentechnik weist bei
der Autorin auch in eine mögliche Verbesserung der Welt, auch wenn letztendlich der Mensch das Problem in die Welt setzt.
Der Schluss ist eine zu Herzen gehende Meisterleistung.
Nebenwirkung von Nicole Rensmann erzählt eine Missbrauchsgeschichte. Die skrupellose Pharmaindustrie gewinnt hier eine
weitere Schlacht.
Emotionslos von Rainer Innreiter beginnt als Krimi und endet als Sieg der Technik über den Menschen. Während der
Beginn der Geschichte noch mit Spannung und Gefühl für die Figuren aufwartet, kommt der Schluss recht übereilt
und etwas zu unglaubwürdig.
Um eine Übernahme geht es auch in Verschwörung von Lieselotte Warmeling, allerdings ist hier der Plot eine echte
Überraschung. Die ethische Diskussion in diesem Text ist sehr konzentriert und in Verbindung mit dem erstaunlichen Schluss
findet der Leser hier eine sehr gute SF-Erzählung, die im Gedächtnis bleibt.
Ein weiteres Highlight ist NN 408 von Corinna Jedamzik. Sehr dicht und anschaulich beschreibt die Autorin in einem Tagebuch ein
doppeltes Spiel mit der Genforschung. Die Entwicklung des Hauptdarstellers ist sehr überzeugend und auch das Ende passt
hervorragend in die Handlung ein.
Ein Märchen ist Elfen von Sabine Böhringer. Genial in seiner Einfachheit, hebt es sich zwar wegen des Genres aus der
Sammlung heraus, nichtsdestotrotz ist es eine sehr gut gelungene Parabel über Selbstheilungskräfte und die
Sinnlosigkeit von genetischen Verschlimmbesserungen.
Modernistisch gibt sich Was ist los mit Aja? von Romina Lutzebäck. In dieser Short-Story wird eine Berichtsvision
geliefert, die in die ferne Zukunft stößt und in seiner beklemmenden Fremdartigkeit das Gefühl höchster
Wahrscheinlichkeit hinterläßt.
Die letzte Erzählung, Neonnächte von Thomas Waldschicht, stellt wieder die Innensicht eines Klons in den Mittelpunkt.
Die gezüchtete Kämpferin, ähnlich Neon aus der Matrix aus ihrer Scheinexistenz befreit, beendet das Buch
düster mit einem Krieg zwischen Klons und Normalgeborenen.
Damit wird eine sehr gelungene Sammlung mit einer deutlichen Warnung beendet. In einer durchgängig guten Qualität,
mit etlichen Höhepunkten bietet sich eine beeindruckende Anzahl Visionen dar, die zu denken geben. GENpest ist ein
passender Titel und wenn auch das Titelbild durch seine sehr schlechte Auflösung aneckt, so ist das Buch doch dringest
allen zu empfehlen, die SF mögen.
Konsequent baut Harald Evers seine Geschichte um die junge Magierin Leandra aus.. Es tut dieser Figur gut, das sie nun in
der Lage ist, viele erstaunliche Zauber zu wirken. Da der begrenzende Codex durch das Verbot der Cambrischen Magiergilde nichts
mehr gilt, kann sie ihre Experimente mit anderen Magieformen weiterführen und erfährt zudem im Verlauf der Handlung,
wie unwichtig das ganze Regelwerk eigentlich ist, denn zu sehr hängt es von der Ethik des Magiers ab, wie die verwendete
Magie sich auswirkt.
Wieder werden Gut und Böse gemischt. Das dadurch der böse Gegenspieler Chast, gerade im ersten Teil, bemitleidenswert
positiv dargestellt wird, ist ein echtes Manko. Diese Gestalt verliert stark an Glaubwürdigkeit.
Der desolate Zustand der Bruderschaft von Yoor ist ebenfalls etwas dünn hergeleitet. Nach 2000 Jahren Existenz gibt es
einfach eine logistische und verwaltende Apparatur, denn anders kann eine derartige Organisation nicht im Geheimen überleben.
Ansonsten ist der Roman ein gut geschriebenes Fantasy-Abenteuer, mit erstaunlichen Wundern und einer gehörigen Menge an Sex.
Es macht einfach Spaß, das Buch zu lesen und die begonnenen Handlungsfäden, besonders die Bedrohung durch die Drakken,
lassen mich erwartungsvoll nach dem nächsten Band rufen.
In der Vielzahl Realitäten, die die Wirklichkeit bereit hält, ist die Existenz eines Süchtigen die mir Entfernteste. Der Trainspotting-Schock war tief.
Anders ist Junkie.
Glasklar wird hier diese Welt offenbart. Der Ich-Erzähler beschreibt, völlig wertungsfrei, was er tut, wie er lebt, wie er fixt. Eine Zeitreise, nicht nur ins ferne 20. Jahrhundert, in die 40er Jahre der USA, es ist eine selbstverständlich normale Realität, so durch und durch glaubwürdig, dass ich kalt und unberührt bleibe. Ein Sachbuch.
Aber ein Leseerlebnis, denn es zieht keine Dekadenz durch die Zeilen, sondern Leben. So unverständlich es scheint, so deutlich wird es erklärt, fern aber nachvollziehbar. Ein kaltes Stück Stahl - kein Buch.
Kane hat alle Zeit der Welt und sie ist sein härtester Gegner. Ihrem Griff zu entkommen zieht er durch die Welt,
immer auf der Flucht vor der tiefen Langeweile, die seinen Wahnsinn nährt.
So ist die Verlockung groß, die uralte Macht Blutstein zu erwecken, eine Hinterlassenschaft einer uralten Rasse, kaum noch
erwähnt in den Legenden und Mythen der Menschen.
Als Kane den Blutsteinring findet, die kleinere Hälfte der Wesenheit Blutstein, beginnt eine geradlinige Fantasygeschichte,
die zwar nicht weniger dunkel daherkommt, wie andere Kane-Geschichten, aber die mit eindeutig positiven Gestalten erzählt
wird.
So ist der Herrscher Dribeck ein kluger Statthalter und General, der das Böse bekämpft und selbst die ihm zur
Verfügung stehenden Mittel kritisch hinterfragt. Eine Figur, die an Machiavelli erinnert.
Und da ist Teres, die Amazone. Fasziniert von der Stärke Kanes bleibt sie dennoch das moralische Gegenstück zur
Machtgier des einsamen Kriegers.
Wie so oft steht Kane auch am Schluss dieser Geschichte am Ende seiner Pläne. Als er durch Teres erkennt, das er nicht
Blutstein beherrscht, sondern dieser ihn, gelingt es ihm mit seiner unmenschlichen Kraft, die Fesseln abzustreifen und
Blutstein zu zerstören.
Wagner lässt Kane ein Schlupfloch diese Niederlage zu überwinden in dem er ihn vermuten lässt, das selbst die
Weltherrschaftspläne, die er so großspurig vorantrieb, auf Blutsteins Einflüsterungen zurückzuführen sind.
Damit ist es das Scheitern Blutsteins und nicht Kanes.
Wagner besticht auch in diesem frühen Kane-Band durch seine psychologischen Charakterisierungen. Sorgfältig agieren
die Figuren in ihrem detaillierten Hintergrund.
Die Wiedergeburt der Stadtmaschine Arellarti bringt einen starken Zauber mit sich, dieser spezielle Sense of Wonder, der so oft
im Perry Rhodan Universum herbeigeschrieben wurde.
Blustein enthält einen großen Anteil Science Fiction, in der finalen Schlacht stehen sich sogar Magie und Technik direkt
gegenüber. Die Magie obsiegt zwar, allerdings kompromittieren sich die ausübenden Priesterinnen durch die angewandten
Menschenopfer, so dass den Sieg nur der Mann in den Händen hält, den Wagner hier in einem ganz besonderen Licht sieht,
Dribeck, der fähige Führer, der seinem Volk dient und nicht der Gier nach Macht.
Eine Alternative, die Kane nie ausfüllen will.
Kane hinterlässt stets Chaos und Zerstörung. Seine von der normalen Zeit Sterblicher losgelöste Existenz ist
manifestierte Anarchie. Er wird immer wieder getrieben, Macht zu erlangen, zu herrschen, Armeen zu führen, zu siegen - doch
all das erlaubt ihm der Autor nicht. Auch am Ende dieses Buches schlugen die Pläne Kanes fehl. Wie im Kreuzzug des
Bösen gelingt es Wagner, das Scheitern seines Helden nicht durch dessen Fehler zu erklären, sondern vielmehr als
Summe all der kleinen Unwägbarkeiten darzustellen, die in einem hochkomplexen System aus Intrigen, Leidenschaft und
Zauberei unkontrollierbar geschehen.
Dabei spielt Schicksal keine Rolle. Die Figuren agieren frei in ihren Möglichkeiten, gezwungen durch das Wechselspiel
untereinander.
So ist die große Böse, Efrel, durch den Wahnsinn ihrer Zeugung zwar zur Hexe geboren, aber erst die Verstümmelung
durch ihren Ehemann macht sie zur rachsüchtigen Furie.
Kane, der eigentlich immer die Fäden fest in den Händen hält, kann daraus dennoch kein festes Netz spinnen; den
entscheidenden Wendepunkt bringt die Liebe. Sie ist die einzige Macht, die es vermag diese unwahrscheinlich starken Gewalten zu
brechen.
Dennoch erspart uns Wagner nicht den Horror hinter den verdorbenen Leben seiner Charaktere. Allein die Idee einer intimen
Beziehung zwischen Kane und der zerfleischten Efrel bringt eine neue Fassette in die Gefühllosigkeit Kanes.
Die Erzählung bündelt die bisherigen Seiten dieser Gestalt zu einem großen Fazit.
Die beiden Seeschlachten sind ein Höhepunkt des Buches. Prächtig und genau beschreibt Wagner hier Kampf um Kampf; als
Leser wird man gefesselt und mitgerissen.
Karl Edward Wagner führt hier U-Boote und moderne Technik ins Gefecht, lässt die Besiedlung der Welt durch Aliens
anklingen und mischt das mit einem klassischen Fantasyumfeld, und das mit einer Leichtigkeit, die verblüfft und wirklich
gut geschrieben ist.
Wieder habe ich mich unsterblich in Mylady verliebt. Gibt es noch so viele Gründe sie zu verabscheuen, ich liebe sie!
Wer will auch nicht verführt werden, und koste es das Leben?
Aber vielleicht muss man auch degenschwingende Yuppies mögen, um den Musketieren von Dumas durch das staubige Frankreich
Luis XIII. zu folgen. Vielleicht muss man als Kind schreiende Mädchen mit spitzen langen Stöcken verfolgt haben, mit
der laut gebrüllte Parole:
"Für die Königin!"
Ja, dann kann man sich nicht wehren, dann wird man gezwungen Pferde zu besteigen, Herausforderungen zu brüllen und
Weinflaschen zu entkorken!
Und man wird gezwungen, erneut der Hinrichtung Myladys beizuwohnen.
Selten schlug mir so ungeteilte Begeisterung über ein Buch entgegen, wie bei der Nennung von Gösta Berling.
Das Leben im fernen Wermland als in Ekeby die Kavaliere herrschten, überschüttet mich mit Liebe. Es könnte das
heilige Buch Eros sein.
Lagerlöf schreibt in einer überraschend modernen Sprache Geschichten aus alter Zeit. Mit jeder von ihnen wird das
Leben im Wermland bunter, sie bilden eine immer dichtere Kette die plötzlich zu einem feinen Kettenhemd geworden, einen
festen Schutz vor den Unbill der Welt ergeben.
Bei jeder kleinen Tragödie und bei jeder großen Komödie scheint das Schicksal im Spiel zu sein. Losen Blättern
gleich tanzen die Figuren, allen voran Gösta Berling, durch einen wahren Sturm an miteinander verwobenen Taten. Stets ist
das Herz das Schuldige, das plötzlich vorprescht und die Welt umstürzt. Der tief bewegte Erzähler scheint die
lang vergangenen Begebenheiten mitzufühlen und ich mit ihm. Stets ist man mitten drin in den Szenen, den Häusern, in
der herrlichen Landschaft. Kein Name fällt umsonst, ein jeder hat seinen Platz und seine eigene kleine Geschichte zu
erzählen.
Immer wieder aber überlege ich, ob Lagerlöf der Jugend ihre Unbekümmertheit vorhält, Gottes Willen lobt
oder dem Zufall huldigt. Nichts Böses geschieht, ohne Gutes zu stiften und jede gute Tat gebiert ein Schlechtes - das ist
das beständige Treiben in diesem Roman.
Aber das Wichtigste: Alles ist voller Liebe!
Ein zauberhaftes Buch, nordisch mystisch zudem, denn Zauberei und Wunder haben ihren festen Platz wie die Natur, die dort
unendlich schön sein muss.
Meine Ausgabe ist ein altes DDR-Buch. 1978 in der Reihe BASAR als Paperback im Verlag Neues Leben erschienen. Das gelbe
faserige Papier riecht süßlich nach Staub und Holz. Die kargen Illustrationen von Hille Blumenfeldt sind zwar ihrer Farben
beraubt, passen so aber in die plötzlich auftauchenden Schatten alter Tage. Durchscheinend blass und fern, aber
unerklärlich lebendig scheint das Buch.
Kane der große Held der Dark Fantasy Saga von Karl Edward Wagner reitet an der Spitze seiner gigantischen Armee durch
längst verlorene Reiche.
Dieses Heldenepos scheint der große Kern der Saga zu sein. Wir erleben Kane als Gewinner und Verlierer, als betrogener
Betrüger und als Fähnchen im Sturm des Schicksals.
Obwohl Wagner viel zu erzählen hat, bringt er die Geschichte mit vielen kleinen Episoden voran, wechselt er ständig die
Gangart zwischen kurzen Momenten und langen Zeitabläufen. So entsteht keinerlei Leerlauf, die Handlung treibt zwischen den
Höhepunkten folgerichtig und durchdacht.
Das Spiel der Intrigen unter Heerführern und Regenten, das Aufstellen und Verteilen riesiger Armeen, die Eroberung von
Städten und lebendige Schlachtfelder erinnern an das Rad der Zeit von Robert Jordan, der diese Instrumentarien allerdings
exzessiv erst gut zwanzig Jahre später benutzt.
Ein gutes Buch, aber ohne die konzentrierte Atmosphäre der bisherigen Kane Erzählungen.
Die Odyssee in der Zukunft geht weiter. Erstaunlicherweise geht sie es in furioser Art.
Frank Böhmert schreibt einen derartig spannenden und detaillierten Roman, das ich nicht
glaube, nie wieder etwas von ihm lesen zu werden.
Perry Rhodan gelangt mit dem geretteten Errek Mookmher in die Nomadenwelt der nodronischen
Barbaren. Mit viel Witz beschreibt Böhmert dabei eine faszinierende Kultur ähnlich den
Mongolen. Ihm gelingt es, jeder Nebenfigur ein eigenes Leben einzuhauchen. Vom alten Krieger
über die schwangere Frau bis hin zum quirligen Teenager offenbart er uns ausführliche
Geschichten. Die Figuren atmen und wenn sie handeln, dann ist es in ihren Motivationen
verständlich.
Hier merkt man einen wirklich begabten Erzähler.
Selbst die beiden Hauptfiguren erhalten eine ungewohnte Tiefe.
Bully, aus dessen Perspektive die Handlung erzählt wird und der endlich seiner Liebe zu
Fran nachgibt, kann eine lustige und burschikose Persönlichkeit zeigen, der man ihre
riesige Lebenserfahrung trotz der feinfühlig dargebotenen Liebesgeschichte immer wieder
anmerkt.
Perry erhält nach dem unseligen dritten Teil der Reihe ausreichend Gelegenheit seine
charismatische Ausstrahlung zu präsentieren, obwohl er kaum im Mittelpunkt steht. Hier
gelingt es Böhmert mit weniger deutlich mehr zu machen. So wird Perrys Techtelmechtel aus
Band 3 zwar fortgesetzt, aber nur in Andeutungen, die mir Perrys Liebesleben näher
bringen, als jede Sex-Szene es könnte.
Die Handlung um Pelmid Sulcatob, der Nodronin, die sich in grenzenloser
Selbstüberschätzung in die Fänge des machtsüchtigen Kriegsherrn Axx Cokroide
begibt, setzt sich nur zögernd fort, Axx taucht eigentlich kaum auf. Aber die Spuren in
den nächsten Band sind ausgelegt.
Ein vorzüglicher Roman, der wieder Lust auf die Reihe entfachen konnte.
Kane ist anders.
Das zweite Buch von Karl Edward Wagner über den Unsterblichen, das ich lese, zieht genauso stark
in den Bann, wie schon Der Sohn der Nacht.
In der ersten Erzählung: Der Verfluchte erliegt Kane der verführrerischen
Friedhofsruhe einer fast verlassenen und pestgezeichneten Stadt. Es ist der Tod, der ihn
erwartet, umgibt und einholt, denn ein fanatischer Krieger, Gaethaa, kommt in die
Wüstenstadt Dermont um Kane als den bösesten Fluch der Menschheit zu richten.
Aber hier kämpfen nicht Gut oder Böse miteinander. In jedem Augenblick der Handlung
bleiben die Figuren dunkel und bedrohlich, verroht, barbarisch.
Sie sind alle Verbrecher, die neun Jäger sowie der Gejagte, der in einer spannenden
Gegenjagd seine Häscher nach und nach dezimiert. Ein Spiel mit dem Tod.
Es geht immer wieder um den Tod. Die einzige, die dem Tod davonrennt ist die blinde Rehhaile,
die fasziniert vom überbordenden Leben Kanes zu seiner Gefährtin in den verfallenden
Gemäuern wird.
Sie ist es, die dem letzten der Söldner das Leben rettet, obwohl er sie vorher mit seinen
Mitstreitern vergewaltigte. Rehhaile sieht in die Menschen. So wie sie in Kane die Unendlichkeit
sieht, endloses Leid, endlose Einsamkeit und fern vielleicht unendliche Liebe, rettet sie mit
dem Söldner Alidore nicht nur einfach ein Leben, sie greift damit in die Zukunft, in ein
Leben jenseits des Todes, indem sie Alidore seine Menschlichkeit zurückgibt.
Und Kane ist des Todes überdrüssig und lebt weiter, woanders.
Der Tod ist auch in der zweiten Erzählung: Die Schattenburg das zentrale Thema. In den
Fängen einer Vampirin kostet er die Süße des Sterbens, doch der Todeskuss der
schönen Naichoryss macht ihn nicht zum Geschöpf der Nacht, zu mächtig ist der
Fluch des Lebens, Kane ist gebunden, für immer.
Eine kurze, klar geschriebene Geschichte, klassisch im Plot aber tief in die Charakterisierung
Kanes einsteigend.
Kane ist anders und seine Geschichten sind verdammt gut!
Betrachte ich die neuen Fassaden der der in die Jahre gekommenen Hochhäuser in meiner
Heimatstadt, frage ich mich oft, wie wenig es wohl braucht, diese Komplexe zerfallen zu lassen.
Der Vergleich mit den Hochhausslums drängt sich immer auf. Vielleicht ist die Frage auch
zu negativ, zu abwertend gestellt und ich sollte lieber fragen, wie viel es kostet, die hinein
geplante Ordnung aufrechtzuerhalten.
Die Zukunft in solch einem Slum ist der Angelpunkt im Marsianischen Zeitsturz.
Der Junge, der die gesamte Handlung prägt, Manfred Steiner, sieht sich in einem zum
Altenheim heruntergekommenen Hauskomplex, dem AM-WEB, gefangen und bricht daraus hervor, in dem
er die Zeit verändert. Das aber offenbart sich erst zum Schluss.
Die vielen kleinen Zeitreisen der Schizophrenie, die uns Dick bis dahin mitmachen lässt,
jonglieren mit fein gezeichneten Figuren und in ihrer Einfachheit normalen Tätigkeiten,
die sich auf beeindruckend leichte Weise mit einander zu einer großen Komplexität
verknüpfen.
Philip K. Dick wird nicht umsonst als ein Meister des Perspektivenwechsels bezeichnet. Es macht
Spaß zu beobachten, mit wie wenigen Sätzen er eine Figur skizziert und wie genau sie dabei
zum Leben erwacht.
Keine der Figuren positioniert sich auf einer festgelegten Seite von Gut oder Böse, sie
handeln wunderbar lebendig und ändern sich auch mit einer Natürlichkeit, die sie zu
einem Stück Wirklichkeit werden lässt.
Allerdings ist es gerade der Roman selbst, der dann doch wieder auf das Irreale der
Realität hinweist.
Ein Buch mit großer Kraft, dem man sein Alter an Kleinigkeiten anmerkt, gerade was das Fehlen
der Elektronik angeht, das aber so exakt modern ist, wie es von einem Klassiker zu erhoffen ist.
Wenn das dicksche Zukunftsbild vielleicht auch etwas deprimierend erscheint und ich mich
innerlich gegen solche Düsterheit auflehne, erscheinen die Menschen in diesem Roman durch
ihre Normalität genau dann hoffnungstragend, wenn man auch heute schon an sie glaubt.
Heyne hat es geschafft, mit der Neuausgabe der Dickschen Werke endliche eine ansehnliche
Würdigung seines Schaffens auf den deutschen Markt zu bringen. Die Taschenbücher sehen
edel und elegant wie Klassiker aus, sind in Reihe dennoch schreiend Bunt und treten mit einem
lauten Stich in die Augen aus dem Bücherregal hervor.
"Alle Menschen werden Brüder" AM-WEB - eigentlich ein schöner Slogan für ein Haus.
Das Buch war mir Inspiration: Einmal Glockenhelle
Michael Schmidt öffnete mir auch den Weg in die Höhlenwelt. Über das von ihm
vorgestellte Magazin Sono (FantasyGuide.de) und dem darin
ausführlich behandelten Trading Card Game Trivocum
gelangte ich auf die Webpage der Höhlenwelt.
Kurzentschlossen bestellte ich, da beim Autor selbst möglich, den ersten Band.
Siehe da, der Autor Harald Evers, entpuppte sich auch im Mail-Kontakt als netter Mensch.
Das Heyne-Taschenbuch ist mit fast 800 Seiten sehr dick geraten, leider versagte die Klebung und
das, wo ich doch jedes Taschenbuch so sorgsam lese, das man hinterher nicht sieht, das es
gelesen wurde.
Aber Buchbinders Sohn wird das schon reparieren, denn es lohnt sich ja!
Die Geschichte der jungen Adeptin der Magie, Leandra, ist reizvoll und abwechslungsreich. Die
Höhlenwelt mit ihren riesigen Stützpfeilern bietet eine grandiose Kulisse, die mit
den Worten des Autors anschaulich und effektreich beschrieben wird. Mit wenigen Sätzen,
Legenden und Andeutungen versucht Harald Evers eine Welt mit einer jahrtausendealten Geschichte
aufzubauen, deren Ingredienzien nicht neu, wohl aber frisch gemischt sind. Es gibt die
Bösen und die Guten, wobei die Guten natürlich mit Schuld sind am Bösen, und es
gibt Drachen, deren Freundschaft man erst wiedererlangen muss.
Sehr ansprechend ist das Magiesystem, man merkt ihm die Herkunft aus einem Spielsystem an.
Dadurch aber wird der Vorgang des Zauberns sehr plastisch.
Das die junge, superhübsche, gnadenlos erotische Heldin ständig in Gefahr gerüt
vergewaltigt zu werden, liegt deutlich außerhalb der mir gefallenden Aspekte, ist aber
handlungslogisch integriert und gehört zudem zu einem wesentlicher Bestandteil des Werkes:
Es knistert fast mehr zwischen den Figuren als es magische Aktionen gibt.
Ein sauber geschriebener Fantasy-Roman, erotisch, magisch und spannend.
Band 2 ist schon bestellt.
Auf Empfehlung von Michael Schmidt besorgte ich mir also ein Kane-Buch von Karl Edward Wagner.
Da über ebay grad nicht die chronologisch früheren Geschichten erreichbar waren, wurde
es Der Sohn der Nacht, ein dünnes Buch mit drei Erzählungen über Kane, dem Mann mit
den Mörderaugen.
Während mir Kurzgeschichten im SF-Bereich geläufiger sind, kommen mir Fantasy
Kurzgeschichten gar nicht unter die Augen, meist eher das Gegenteil, Endlosserien.
Daher etwas ungewohnt für mich.
Die erste Erzählung: Ein Spiegelbild für den Winter meiner Seele, sieht Kane in eine
Werwolfsgeschichte verstrickt, die eine gesamte Burgbesatzung verschlingt. Kane, einsamer noch
als der einsamste Wolf, überlebt als Einziger.
Bis zur Mitte scheint die Handlung gewöhnlich, doch mit dem Tod selbst der liebenden Frau,
in kühlen Tönen erzählt, wird die Geschichte überraschend und melancholisch.
Kane ist ein Held, dem man aber nie zu nahe kommt, sein Sieg, das Überleben, stand nie in
Frage, fast langweilt ihn das Ganze.
Mit dieser Story im Herzen ging ich zu: Lynortis Vergeltung.
Die zerstörte Stadt Lynortis birgt die Kriegskrüppel zweier Armeen, die in ihrem
letzten Kampf gegen den einstmaliger Zerstörer der Stadt einen endgültigen Frieden
suchen. Kane geht wieder als Sieger hervor, doch diesmal mit dem Mädchen, das zynischer
Weise keine Liebe für ihn empfindet, ja der er nicht mal sonderlich etwas abgewinnen kann.
Kane wird hier allerdings in einer großen Weise beschrieben. Der Mörder bringt den Frieden
nach Lynortis, einst als Verräter den Krieg beendend und nun als Zieher des letzten
Schlussstriches. Ähnlich dem verfluchten Kampf der Griechen um Troja und mit den Mitteln
des Vietnamkrieges lodert hier die Frage nach dem Gewicht eines Lebens auf. Der Frieden kostet
Leben, wer glaubt, der Krieg würde mehr kosten?
Eine faszinierende Erzählung.
Im Stil einer Schauermär kommt: Sing noch einmal von Valdese.
Die geschichtenerzählenden Gäste einer Taverne werden von ihrer eigenen Vergangenheit
eingeholt und bestraft. Kane ist hier Beobachter und Werkzeug der Vollstreckung, wieder in
kalter Unnahberkeit beschrieben. Eine gruselige Geschichte, kurz aber atmosphärisch dicht.
Eine lesenswerte Saga, ich bin gleich wieder zu ebay rein, den Rest zu erstehen.
Ich konnte meiner Frau den fünften Harry Potter Band unterm Tannenbaum wegstibitzen.
Und alle meine Träume als Serien-Junkie wurden übertroffen!
Jeder spielt mit, hat eine Rolle, alle Themen werden zumindest erwähnt und dabei mit einer
Lockerheit erzählt, die der spannungsgeladenen Handlungsverfolgung keine Steine in den Weg
wirft.
Harry wird zunehmend unsympatischer, vielleicht will die Autorin mir als Leser den Abschied von
ihm am Ende der Serie leichter machen.
Dafür vermisse ich Snape jetzt schon.
Was ist beachtenswert innerhalb der Serie?
Petunias Wissen um die Zauberwelt.
James Rolle an der Schule.
Hermines herausragende Fluchfähigkeiten
und natürlich die vielleicht gelungenste Darstellung der Zwillinge.
Ein leicht und flüssig zu lesendes Buch, endlich in einer vernünftigen Dicke, das mir
schlaflose Nächte bescherte.
Cover und Aufmachung sind allerdings weiterhin grottig.
Ein völlig wild zusammengeschustertes Buch ist Das Energie-Riff von Hans Kneifel. Mit
diesem Lücken-Füller ist die Hälfte des Perry-Rhodan Taschenbuchzyklus Odyssee
Geschichte.
Nach dem spannenden und kurzweilig geschrieben Band 2 von Leo Lukas nun dieses Werk.
An den Haaren herbeigezogene Dramaturgie, Sex on the Beach, nette Monster, dusselige Gegner und
das alles nur um zu erzählen, das es unter den Nodronen Rebellen gibt, die gegen das
Empire kämpfen.
Klingt bekannt?
Ein übler Roman. Ich ärgere mich über diese Verschwendung.
Wird mich nicht wundern, wenn Heyne keinen dritten Taschenbuchzyklus mehr mit Perry produziert.
Na bei Heyne wundert mich sowieso nichts mehr.
Habe heute in endlosen Wartezimmerstunden "Xenozid" von Orson Scott Card zu Ende gelesen.
Ein großes Buch.
Mit dem schönsten Romanbeginn, an den ich mich erinnern kann.
Viele der philosophischen Diskurse waren schwer mitzudenken, aber die Leichtigkeit,
mit der Card die Motive und Handlungen immer wieder neu bewertet und in ihrer ethischen Wirkung
umdreht, hat mich tief beeindruckt.
Ein grandioser dritter Band der Reihe um Ender, dem Xenoziden.
Eine lesenswerte Anthologie mit dem Namen Future World erschien im Hans Udo Mörsch Verlag.
Der Herausgeber und Mitautor hat eine ausgewogene Reihe von Erzählungen und Kurzgeschichten zusammengestellt, die Visionen einer Zukunft offenbaren.
Die Aufmachung ist sehr stimmig und stabil in der Bindung.
Die Geschichten sind auf hohem Niveau mit interessanten und überraschenden Plots.
Mein Favorit ist Menschenjäger von Armin Rößler, eine stark charakterisierende Erzählung, die sehr dicht und plastisch von Outsidern erzählt, eine sehr traditionelles Zukunftsbild, aber überragend in den Details.
Während Maschinengeschöpf von Udo Mörsch etwas expressionistisch daherkommt, wirkt Die letzte BIOFORM sehr sachlich, wodurch der Schluss aber besonders ergreifend wird.
In Happy Birthday von Barbara Jung erscheint eine der sehr seltenen Utopien, die in eine positive Zukunft führt, ein schönes Zeichen, das die Seiten der Sammlung überstrahlt.
Wasser von Titus Müller ist eine sehr solide Arbeit, die einige Sichtweisen kopfstellt.
Die Soldatin von Udo Mörsch ist ähnlich expressiv wie seine erste Geschichte, aber in seiner Anklage sehr ernst und intensiv.
Auch Torsten Rybkas Short Cuts machen große Freude, ich werde wohl nie wieder unbefangen Kühe jagen oder Regenschirme spannen können.
Winterplanet von Jeannot Bildgen ist eine kurze Space Opera, deren Fortsetzung man sich wünscht.
Einen würdigen Abschluss der Sammlung bietet Udo Mörsch mit der Eiswelt, die zwar eine für Perry Rhodan Leser inakzeptable Entstehung von ES erzählt, aber darüber hinaus in klaren Szenen die Sinnlosigkeit von Macht darstellt.
Mit einer lesenswerten Vorstellung der Autoren endet viel zu früh ein gutes Buch.
Last updated: 30.05.2005 14:08
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