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Orlando

Am Anfang war der Fluss gefroren,
bot deinen Beinen
einen Platz zum Tanz.
Doch einmal brach das Eis
und mit den Schollen
floh die heiß Begehrte –
und du verstimmt in das Gemäuer
deiner Ahnen fern der Kapriolen.


Auf all den Möbeln
stapeln sich die Nippestücher
warten auf Besuch und Dichter
doch bringen sie
kein Licht zurück.
Der Muse Tischleindeckdich
tischt der Jugend ihre Flausen auf
und hinterlässt dir blanke Knochen.

So flüchtest du,
ziehst in die Unabhängigkeit
und sehnst dich dort
erneut nach Fesseln und Geschirr.
Das Sehnen eines Metamorph
verdeckt die Haut wie Schorf
und in den neuen Kleidern
schwindet dir der Geist.
Und kehrt zurück, nur gut verborgen,
im Geheimen, in die Nächte
in die Betten, in die Stühle
prunkender Salons.

Man sammelt kluge Köpfe,
ob tot, ob faselnd,
Theaterblut im Globe,
so frei für diese Zeit,
Gestank im Inneren des Zirkels,
Feuer für die Herrlichkeit –
das Ende des Jahrhunderts harrt
der armen Narren Namen.

Doch ehe du zur Ruhe kommst
beherrscht die junge Witwe dich.
Ruht der Ehe Heilung
wirklich fern, das Kap umkreisend,
oder gibst du dich dem Baume hin,
dem starken Gott, der seine Äste
rau in deine Falten treibt
und zerrt, und Kutschen aus sich zimmern lässt?

Alter Weidenbaum am Hügelsaum,
mit einer Krone für das Haus,
dein Heim.
Der Zimmermann treibt letzte Nägel
in das Dach und facht mit Spänen
noch das Feuer an.
Die Zeit war dir ein Spielgesell
zerknittert nur die Verse auf der Brust,
und gibt sich hin, verführt.
Verfliegt?

Oh ja! Und ob!
Das ist das wahre Leben!
Verschenke einen Herbst
dem Herzen der Geliebten,
verflüssige die Gier
und opfere das Elend
den Dämonen, die dein Glück
einzig für diese Zeilen
noch verschonen.


Du aber nahmst den Kahn
und bandest dich an einen Steingemahl
so fest, dass selbst der Tod
euch nicht entlässt.
Der Fluss aber
gefriert nicht mehr.

Last updated 15.02.2015